Gut, dass mein Reiseführer mich darauf vorbereitet hat, dass die Südspitze von Karpathos, an der auch der Flughafen liegt, nicht das großartigste Stück Natur ist, das man je gesehen. Ich hätte sonst vielleicht direkt nach der Landung gefragt, wann der nächste Flug zurück geht.
Völlig flach, monoton, trocken, steinig und mit niedrigen Sträuchern durchsetzt präsentiert sich die Insel dem ankommenden Reisenden, wenn er den Flughafen verlässt und vom heftigen und entnervenden Wind umtost wird. Eine Art mediterraner Tundralandschaft, die man eigentlich nur schnell hinter sich lassen will, außer man ist Windsurfer, dann ist es das Paradies, oder zumindest die angrenzenden Strände sind es.
Afiártis
Als ich an der Küste mit dem Mietwagen entlangfuhr, konnte ich allerdings keinen Surfer sehen – mögicherweise war es mit kurz nach 9 Uhr morgens dafür noch zu früh – und so entschloss ich mich, von meinem Plan schon in der allerersten Phase abzuweichen und Afiártis ganz zu überspringen, zumal ich auch den verrotteten türkischen Frachter nicht gesehen habe, der laut Reiseführer dort an der Küste hätte liegen sollen, aber inzwischen vielleicht doch geborgen wurde.
Lakkí und Amopí
Der erste Stopp war dann Lakkí und Amopí, mit einer Landzunge, die ins Meer hineinragt – gekrönt von der obligatorischen Kapelle, denn auf der Insel lässt man sich keinen exponierten Punkt für einen christlich-orthodoxen Stempel entgehen – und ein paar hübschen Feldern in kraftvollem Gelb.
In Amopí habe auch ich gefrühstückt – enttäuschedes Toastbrot en masse mit Marmelade im mit Alufolie überzogenen Plastikschälchen, die eine schmutziggelbe Färbung zeigte und auch kaum nach Erdbeeren schmeckte.
Pigádia habe ich auch übersprungen, abgesehen davon, dass ich am Rand der kleinen Stadt vorbeigefahren bin und schnell etwas Wasser aus einem Supermarkt mitgenommen habe,
Apéri
Apéri habe ich dann als schon interessanter empfunden – ein Bergdorf, dem man in der Tat seinen Wohlstand ansieht und das mit nur einer einzigen Taverne und nirgendwo offensichtlich zu sehenden Hotels kaum auf Tourismus eingestellt ist und ihn wahrscheinlich auch nicht nötig hat.
Hier rückte auch ein Dauerthema in den Vordergrund: Kapellen, Kirchen, Basilikas. Die griechisch-orthodoxe Kirche hat nicht nur auf Kultur und Feste einen beherrschenden Einfluss, sondern auch auf das Landschaftsbild.
Mertónas
Auf dem Weg in Richtung Mertónas wurde die Landschaft grüner und vor allem immer gebirgiger. Zur Seite der Ostküste in Richtung Norden taten sich immer häufiger grandiose Ausblicke über die Südägäis auf oder tief unten waren kleine
Strände an der Ostküste zu erkennen.
Langsam näherte ich mich Mertónas und war gespannt auf die erwähnte „sprudelnde Quelle“. Eine kleine Straße, die auch in meinem Resieführer erwähnt ist, führte ein paar Meter hinab auf einen Platz, der vor einer kleinen Kirche lag. Ich stellte mein Auto auf dem Kirchvorplatz ab, der völlig menschenleer war, und ging die noch fehlenden ca. 100 Meter zu einem zweiten Platz, auf dem sich die sprudelnde Quelle befinden sollte.
Und in der Tat war beim Näherkommen ein – sagen wir mal – gurgelndes Sprudeln zu hören. Allerdings blieb es bei einer Quelle für die Ohren, zu sehen war nämlich nur ein Deckel im Boden, aus dem die Geräusche offensichtlich entsprangen. Genaugenommen waren sie eigentlich ununterscheidbar von den Geräuschen aus einem Abwasserkanal.
Aber es war ein schöner schattiger Platz mit Aussicht zur Mittagszeit.
Ápella
Ápella ist einer der schönen Strände an der Ostküste und er war nur optional auf meinem Plan, aber da die Zufahrt zu ihm von der Hauptstraße aus eine der kürzeren ist, entschied ich mich, den Abstecher zu machen, zumal die erste Aussicht auf den Strand reizvoll aussah.
Nach einigen Kehren bergab erreichte ich einen Punkt, an dem ich direkt umdrehen konnte: Keine Parkplätze. Nicht dass der Strand überfüllt wäre, die Anzahl der Leute vor Ort ist überschaubar, aber die Anzahl der Parkplätze eben noch überschaubarer.
Etwas weiter aufwärts am Hang parkte ich am Seitenrand und ging zu Fuß wieder herunter. Zwischendurch hatte ich einen guten Blick nach unten und mir fiel auf, dass das Wasser wirklich außerordentlich klar ist – was ich später immer wieder auf Karpathos bemerkt habe.
Der Strand ist allerdings ein Kiesstrand, vielleicht auch mit ein Grund für die Klarheit des Wassers; es kann eben kein Sand vom tobenden Badevolk aufgewirbelt werden. Die im Wasser verstreuten größeren Felsbrocken fügen sich ebenfalls gut in die Badelandschaft ein und wurden von manchen als Sprungtürme genutzt.
Auf dem Weg nach Olympos
Weiter in Richtung Olympos über Spóa wird die Landschaft immer rauher und der Wind nimmt – wie zuvor in der Afiártis-Ebene – wieder ruppige Formen an. Und es ist recht offensichtlich, aus welcher Richtung der Wind ständig fegt.
Spóa selbst habe ich aus Zeitgründen übersprungen und mich direkt auf die letzten 18 Kilometer von Spóa nach Olympos gemacht, zumal das Wetter zunehmend von den griechischen Göttern verlassen worden zu sein schien. Beim Packen hatte ich mich noch selbst ausgelacht, eine warme Jacke mitgenommen zu haben, aber Griechenland ist eben doch nicht nur Sonnenschein an Küstenstreifen.
Die Strecke ist kurvenreich und weitgehend menschen- und autoleer – Begegnungen mit Ziegen auf der Straße sind aber durchaus häufiger möglich. Oft geht es zu einer Seite steil abwärts und zur anderen erheben sich senkrecht Felswände, die streckenweise die Straße ordentlich mit kleinem Geröll bestreut haben.
Irgendwann biegt man dann plötzlich um eine Ecke und sieht die Kulisse von Olympos vor sich. Dass man in den Ort nicht hineinfahren kann, war mir bekannt, aber ich hatte mich nicht ausführlich damit beschäftigt, wie es nach dem Parken am Ortseingang weitergeht. Letzten Endes bin ich dann mit kleinem Gepäck erst mal ins Dorf zum Hotel gegangen, habe eingecheckt und dann den Rest geholt, der doch einigermaßen beschwerlich über einige Stufen hochgeschleppt sein wollte.
Aber Olympos selbst ist noch ein folgendes Kapitel für sich.