Gerade vor dreieinhalb Stunden war der Höhepunkt einer totalen Mondfinsternis. Bei wolkenlosem Nachthimmel war der Mond relativ niedrig über dem südöstlichen Horizont zu sehen. Es war die längste Mondfinsternis, die in diesem Jahrhundert stattfinden wird. Der Mond zeigte sich während der Phase, in welcher er sich im Kernschatten der Erde befindet, als sogenannter „Blutmond“.
Die rote Farbe rührt vom Restlicht her, das die Lichtstrahlen von der Sonne beim Weg durch die Erdatmosphäre auf den Mond werfen. Auf diesem Weg werden die kurzwelligen, blauen Anteile des Lichts stärker in der Atmosphäre gestreut als die langwelligen, roten Anteile (ähnlich wie beim roten Licht während des Sonnenauf- oder -untergangs), so dass mehr Rot als Blau den Mond erreicht.
Nach etwa einer Stunde trat der Mond aus dem Kernschatten der Erde und der erste sichelförmige Rand des Mondes wurde sichtbar.
Der beleuchtete Teil des Mondes vergrößerte sich im Laufe der Zeit immer mehr.
Nicht nur der Mond war heute Nacht außergewöhnlich, sondern auch der Mars war unterhalb des Mondes ungewöhnlich klar zu sehen mit seiner von Eisenoxid geröteten Oberfläche und schien zum Greifen nah.
So, dann mal bis zum Jahr 2028 zur nächsten totalen Mondfinsternis in Mitteleuropa (dann vielleicht mit besserer Kamera).
Als ich vor gut einem Monat in Ólympos auf Karpathos war, hatte ich dort dieses ungerechtfertigt günstige Zimmer mit einer Aussicht, die mich erst einmal minutenlang trotz durchaus heftigen Windes angewurzelt und überwältigt auf dem Balkon stehen ließ. Etwa 100 Meter über der Westküste bot sich ein freier unverstellter Blick über die Ägäis, der bis zum Horizont reichte.
Als sich der Tag dem Abend neigte, die Farbe des Himmels langsam in tiefes Blau überging und sich am Horizont dann der erste Hauch von Rot abzeichnete, wurde mir klar, dass dieser Balkon nicht der schlechteste Ort für die Beobachtung eines Sonnenuntergangs sein würde.
Ich hatte schon zwei, drei Fotos der langsam sich dem Horizont nähernden Sonne aufgenommen, als mir durch den Kopf schoss, dass es doch da dieses angebliche und seltene Phänomen beim Sonnenuntergang gibt, das ich noch nie gesehen hatte: Das grüne Leuchten.
Zum ersten Mal hatte ich von diesem Phänomen im gleichnamigen Film von Éric Rohmer gehört. Obwohl ich mich kaum noch an die Szene des Sonnenuntergangs – es mag auch ein Sonnenaufgang gewesen sein, denn da zeigt sich das grüne Leuchten ebenfalls – erinnern kann, vielmehr an die Szene mit den rauschenden Baumwipfeln, die ein schweigender Naturgeist zu beleben scheint, ist mir dieser seltene Moment beim Sonnenuntergang im Gedächtnis geblieben.
Ich hatte keine Ahnung, ob bestimmte besondere Voraussetzungen bestehen müssen oder ob das Phänomen von speziellen klimatischen Bedingungen abhängt, aber es war auch mittlerweile keine Zeit mehr, das herauszufinden und zu prüfen, also stellte ich mich auf den Balkon und fing völlig unprofessionell an, bei vollem Kamerazoom etwa im 10- bis 30-Sekundentakt aus der Hand ein Foto aufzunehmen – mit folgendem Ergebnis:
Wie man sieht, sieht man nichts. Jedenfalls nichts in Grün. Auch genauere Pixelanalysen in Paint (wie gesagt: unprofessionell) haben mir nicht das kleinste grüne Fünkchen offenbart.
Ist das grüne Leuchten nun ein Mythos oder nur der Phantasie eines französischen Regisseurs entsprossen? Tatsächlich haben das viele Laien lange Zeit geglaubt, aber heutzutage bringt die Eingabe des Begriffs in eine Suchmaschine viel zu viele Treffer mit Videos und Fotos ans Tageslicht, die in dieser Menge nicht alle einer konzertierten Verschwörung zur Irritation der Menschheit entsprungen sein können. (Na gut, Leute die nicht an die Mondlandung glauben, glauben vielleicht trotzdem nicht ans grüne Leuchten.)
Ich habe also im Nachgang recherchiert, warum meine Suche nach dem grünen Leuchten fehlgeschlagen sein könnte. Zunächst einmal war eine sehr wichtige Bedingung erfüllt: Idealerweise beobachtet man den Sonnenuntergang – oder -aufgang – gegen einen sehr fernen und damit niedrigen Horizont , der durch keine Berge, Hügel oder noch so kleine Erhebungen verstellt und angehoben wird. Der schnurgerade, flache Horizont über dem Meer ist daher perfekt, und ein leicht erhöhter Standpunkt hilft zusätzlich. (Das grüne Leuchten ist aber auch gegen eine Gebirgskette möglich, wenn man sich nur selbst an einem Punkt befindet, der hoch genug ist.) Das Phänomen ist an keine Klimazone, bevorzugte geographische Breite oder irgendwelche speziellen Partikel in der Luft gebunden. Es ist im Wesentlichen nur auf Optik und Geometrie zurückzuführen und kann im Prinzip überall beobachtet werden.
Falsch ist allerdings, nur alle 10 bis 30 Sekunden ein Foto aufzunehmen, denn das grüne Leuchten wird nicht umsonst auch grüner Blitz genannt, da das Phänomen tatsächlich nur 1 bis 2 Sekunden andauert.
Obwohl es theoretisch möglich ist, dass ich gerade im Moment des grünen Blitzes kein Foto gemacht und ihn deshalb einfach übersehen habe, gehe ich eher davon aus, dass die in der Ferne zu diesige Luft das Problem war, denn tatsächlich wirkt der Luftschleier über dem Horizont wie eine sehr flache Hügelkette, die dazu führt, dass die Sonne eigentlich optisch nicht erst unter dem wirklichen Horizont verschwindet, sondern schon etwas früher und damit etwas höher hinter den Luftschwaden versinkt. Eine völlig klare Luft am Horizont ist also ebenfalls eine entscheidende Voraussetzung, um das grüne Leuchten beobachten zu können.
Diese Voraussetzungen ergeben sich mehr oder weniger direkt aus der physikalischen Erklärung des grünen Leuchtens, das auf eine unterschiedlich starke Beugung und Streuung der verschiedenfarbigen Lichtstrahlen von der Sonne in der Erdatmosphäre zurückzuführen ist – oder, besser gesagt, des weiß-gelben Lichtstrahls von der Sonne, der an der Atmosphäre wie an einem Prisma in mehrere Farben gebrochen wird. Dabei werden rote und gelbe Lichtstrahlen beim Eintritt in die Atmosphäre weniger stark gebeugt als grüne und blaue Strahlen. Durch diese Beugung erreicht das grüne und blaue Licht das Auge des Betrachters einen Augenblick länger als das rote und gelbe Licht, wenn nur noch ein winziges Segment der Sonnenscheibe über dem Horizont übrig geblieben ist. Der kurze Moment, wenn nur noch der grüne Anteil verbleibt, ist der grüne Blitz.
Wenn man so will, kann man im grünen und blauen Spektrum eine kurzen Augenblick um die Erdkrümmung herum und hinter den Horizont blicken, während gelbe und rote Strahlen durch ihre geringere Beugung über das Auge hinweggehen und es nicht mehr erreichen. Der ganze Effekt ist umso deutlicher, je niedriger der Horizont ist, da dann der Weg des Lichts durch die Atmosphärenschichten am längsten und die Beugung der Lichtstrahlen am stärksten ist.
Obwohl das Phänomen für den blauen Anteil des Lichts noch ausgeprägter sein sollte, da blaues Licht noch stärker gebeugt wird als grünes Licht, macht es sich nicht bemerkbar, da Blau an den Luftmolekülen stärker gestreut wird und der blaue Anteil sozusagen in alle Himmelsrichtungen abgelenkt wird und dadurch im Auge nichts mehr in Blau ankommt. Oder fast nichts mehr! Denn es gibt tatsächlich auch einen sehr schwachen blauen und sogar violetten Blitz, der aber noch ungleich schwerer zu beobachten ist als das grüne Leuchten.
Bis ich vielleicht eines Tages eine Gelegenheit bei besseren Bedingungen erwische, muss ich wohl aufs Erste neidisch auf andere Quellen zurückgreifen, die das grüne Leuchten bei Sonnenuntergang eingefangen haben:
Die ganz hohe Schule des blauen und violetten Blitzes, die hier z.B. am Observatorium auf La Palma mit seinen atmosphärischen Superbedingungen fotographisch verewigt wurden, stelle ich erst mal ein paar Tage zurück.
Der letzte Tag sollte noch einmal ins Inselinnere und von dort an die Nordostküste von Rhodos führen.
Platánia
Auf dem Weg von der Ostküste nach Platánia hat man weite Ausblicke ins Innere von Rhodos und kann stellenweise die beiden ausgedehnteren Gebirgsbereiche der Insel gleichzeitig sehen – links den kahlen Attáviros, rechts den niedrigeren bewaldeten Profítis Ilías.
Im am grünen Berghang unterhalb des Profítis Ilías gelegenen Platánia war es zur späten Vormittagsstunde recht ruhig – und man hat den Verdacht, dass es sich zu anderen Tageszeiten nicht anders verhält.
Das hält die Einwohner aber nicht davon ab, die lokalen Produkte in ihren kleinen Geschäften auffällig und in vielen Sprachen anzupreisen.
Auch ein völlig überdimensionierter Parkplatz für Kolonnen von Bussen, die wahrscheinlich nie kommen, ist vorgesehen. Die einzigen Fahrzeuge, die auffielen, waren mehrere Militärfahrzeuge, die ohne besondere Eile auf der Durchgangsstraße durch den Ort fuhren, da sich in der Nähe des Dorfes eine Kaserne befindet.
Unterhalb des Profítis Ilías ging es dann weiter Richtung Norden zum nächsten Dorf.
Éleousa
Allerdings habe ich von diesem Dorf – Éleousa – eigentlich nur die zentrale Piazza gesehen – aber die ist äußerst eigentümlich.
Wenn man von Platánia kommt, sticht zunächst eine auffallend große Kirche ins Auge. Im Vergleich zu den üblichen kleinen Kapellen und Kirchen in den Dörfern von Rhodos ist dieser Koloss tatsächlich ein Ausreißer.
Sofort dahinter findet man sich auf einem Platz wieder, an dem links und rechts jeweils eine Einbahnstraße vorbeiführt und der an allen Ecken mit Wegweisern für den Autoverkehr gespickt ist. In der Tat ist Éleousa ein Knotenpunkt, an dem mehrere Straßen sich kreuzen, die in alle Richtungen der Insel weiterführen. Trotzdem herrscht so wenig Autoverkehr, dass es auf dem Platz, vom Gurren einiger Tauben abgesehen, meistens still ist und nur wenige Touristen gelegentlich Halt machen.
Entstanden ist diese „Piazza“ und seine sie umgebenden Gebäude im Jahre 1943 während der italienischen Besatzungszeit auf Rhodos. Der Palast des Gouverneurs, der an einem Kopfende des Platzes gegenüber der Kirche steht, und eine durchgehende Reihe von Nebengebäuden mit einem Arkadengang, die an einer Längsseite stehen, sind heute leer und von langsamem Verfall heimgesucht. An der anderen Seite ist eine Schule, die auch tatsächlich noch genutzt wird.
Die Gegend um Èleousa ist von vielen Gebäuden aus der Kolonialzeit der Italiener geprägt, die sich das Dorf als eine Art Musterkolonie ausgesucht haben. Nicht alle sind so verfallen wie die Gebäude an der Piazza.
Nur ein Stück entfernt haben die Italiener damals ein großes Bassin gebaut, das an heißeren Tagen von den Jugendlichen des Dorfes als Schwimmbecken genutzt wird.
Das Becken wurde mit EU-Mitteln restauriert und wird als Lebensraum für den Gizani-Fisch genutzt, einer kleinen endemischen, also ausschließlich auf Rhodos vorkommenden Karpfenart, die vom Aussterben bedroht ist.
Ágios Nikólaos Fountoúkli
Von Éleousa aus führt eine asphaltierte Straße auf den Profítis Ilías. Auf halber Strecke fällt eine alte byzantinische Kirche auf, die an der Straße in einem kleinen umzäunten Garten mit einem Feigenbaum liegt.
Die Kirche wurde vor etwa 500 Jahren erbaut und von einem wohhabenden Verwaltungsbeamten der byzantinischen Kirche gestiftet. Sie ist ein Andenken an seine drei früh verstorbenen Kinder.
Das Innere ist üppig mit Fresken ausgemalt, die auch an sein Leben und das seiner Kinder erinnern. Leider sind die Gemälde mittlerweile sehr verblasst und stellenweise beschädigt, so dass es mühsam ist, etwas deutlich zu erkennen.
Profítis Ilías
Die waldreiche geradezu schwarzwaldartige Landschaft rund um die Gipfelregion des Profítis Ilías ist ein Ergebnis von Aufforstungsarbeiten, welche die Italiener während der Kolonialzeit vorgenommen haben. Zwei Hotels, die eher im Alpenstil gehalten sind und an einen Luftkurort in den Bergen erinnern, sind ebenfalls damals entstanden. Man muss in den Hof der kleinen Kirche gehen, um daran erinnert zu werden, dass man sich eigentlich in Griechenland befindet.
Von einem der Hotels aus hat man, zumindest in den oberen Zimmern, sicherlich eine fantastische Aussicht, befindet man sich doch dort über den Baumwipfeln. Ansonsten ist der Gipfel so dicht von Bäumen umstanden, dass es kaum Lücken gibt, durch die man in die Ferne blicken kann. Man muss ein wenig weiter fahren, um eine bessere Sicht zu haben. Von oben hat man auch eine gute Sicht auf den Gadoura-Stausee, der den ganzen Inselnorden mit Trinkwasser versorgt.
Leider habe ich erst im Nachhinein erfahren, dass sich ganz in der Nähe der Hotels auf dem Gipfel ein „Geisterhaus“ im Wald befindet, die Villa de Vecchi, die in den 30er Jahren als Residenz des italienischen Gouverneurs der Dodekanes diente. Heute ist sie ungenutzt und der Verkauf des Geländes mit Hoffnung auf Restauration ist bis heute nicht gelungen. Vielleicht muss man hoffen, dass er auch nie gelingt, denn die Schönheit des Verfalls hat ihren ganz eigenen Reiz.
Kallithéa und Faliráki
Über Archípoli und Psínthos fuhr ich dann an die Nordostküste nach Kallithéa.
Die Nordostküste ist die mit touristischer Infrastruktur am weitesten ausgebaute Region auf Rhodos. Die meisten Unterkünfte befinden sich hier. Hier herrscht weit mehr Autoverkehr und Betriebsamkeit; vor der eigentlich sehenswerten Therme von Kallithéa gab es ein ständiges Kommen und Gehen von Besuchern des zur italienischen Kolonialzeit restaurierten Heilbads.
Ein Stück weiter südlich schließt sind Faliráki an und hier sind Strände noch dichter mit Betonhotels gepflastert. Vergnügungsmeilen aus Shops, Bars und Burger-Restaurants, die überall sein könnten, sind auf den Billigtourismus zugeschnitten, der den Ort terrorisiert. So mancher Einheimischer, der vom Tourismus lebt, möchte am liebsten alles mit dem Bulldozer dem Erdboden gleich machen und von vorne anfangen.
Es wird gesagt, dass die Etablissements in Faliráki für englische Touristen das seien, was der Ballermann auf Mallorca für deutsche Touristen ist. Aber es heißt auch, dass der Massentourismus in Faliráki langsam seiner selbst überdrüssig ist, sich mittlerweile hochwertigere Hotels angesiedelt haben und es im Vergleich zu früheren Jahren ruhiger im Ort geworden ist.
Schön sah es jedenfalls immer noch nicht aus, also schnell weiter!
Tsambiká Beach
Die noch weiter südlich an der Ostküste gelegene Tsambiká-Bucht gilt als die schönste Bucht zum Baden auf Rhodos.
Der Strand war ziemlich gut besucht und auch die halbwilden Ziegen, die an der Straße zum Strand herumlungern, haben wohl herausgefunden, dass es hier manchmal etwas abzustauben gibt.
Allerdings, was schöne Buchten angeht, so läuft Karpathos für mich Rhodos klar den Rang ab.
Vorbei an Archángelos, dem zweitgrößten Ort auf Rhodos, ging es dann zurück ins Hotel.
Das war der letzte Tag auf Rhodos und am nächsten Morgen machte ich mich auf den Heimflug nach Hause.
Neben der Altstadt von Rhodos ist Líndos wahrscheinlich die zweite große Attraktion auf Rhodos, die jeder Urlauber aufsucht. Entsprechend viele Ausflugsbusse und Mietwagen, die aus allen möglichen Richtungen der Insel kommen, parken vor dem Dorf.
Die Anziehungskraft von Líndos geht zum einen davon aus, dass es sich mit seinen kubischen weißen Häusern um ein besonders schön arrangiertes Dorf handelt, zum anderen, dass es eine uralte Geschichte hat, die sich in der größten archäologischen Ausgrabungsstätte auf Rhodos widerspiegelt: der Akropolis von Líndos, die auf einem Hügel über dem Ort schon von ferne zu sehen ist.
Líndos selbst ist autofrei und wenn man das Dorf besuchen will, muss man vor dem Ort parken oder sich mit Taxi oder Bus vor einen der Ortseingänge bringen lassen.
Von allen Varianten wird ausgiebig Gebrauch gemacht, und so ist man froh, wenn man den Autoverkehr vor den Toren des Dorfes hinter sich gelassen hat und endlich in das Labyrinth der Gassen eintauchen kann, um sich entweder mit den Massen entlang des Hauptweges durch den Ort von Geschäft zu Geschäft und von Taverne zu Taverne treiben zu lassen und vielleicht die zentrale Panagía-Kirche zu besuchen, oder sich in den ruhigen Seitengassen zwischen den weißen Häusern zu verlieren, oder eine Zeitreise durch die Geschichte auf dem Akropolis-Berg anzutreten. Oder alles nacheinander.
Aber das scheint nicht nach jedermanns Geschmack zu sein, wenn man den vergleichsweise geringen Betrieb auf der Akropolis und den Trubel auf der Hauptgasse gegenüberstellt. Vielleicht hat man es den Touristen mit angenehm schattigen Blätterdächern allzu gemütlich gemacht, so dass so mancher den Schritt ins offene Gelände zur Mittagszeit nicht wagen will.
Tatsächlich ist der Weg zur Akropolis relativ harmlos, führt er doch selbst am Anfang über gemächliche Treppenstufen unter angenehm schattigen Vordächern und zwischen kleinen Geschäften bergauf, bevor er erst im mittleren Bereich in einen kurzen offenen Weg über den Steilhang des Akropolis-Hügels geht. Selbst dort gibt es ein paar Bäume, unter denen man für die Mühe mit einer schönen Aussicht über das Dorf belohnt wird.
Kurz darauf erreicht man schon das Eingangstor durch die Burgmauer in das Innere der Akropolis, vor dem man – falls man es nicht schon vorher wusste – anhand der dort pausierenden und mit Satteln ausgestatteten Esel feststellt, dass es noch einen anderen Weg auf den Hügel geben muss.
Aber Moment mal! Burgmauer? Mittelalter? Wollte ich nicht diesmal viel ältere Relikte aus antiker Zeit sehen? Ja, aber der Weg vom Eingang weiter hinauf gleicht einer Zeitreise immer weiter in die Vergangenheit. Wenn man bei den ältesten Überresten und mit der Frühzeit von Líndos beginnen will, muss man ganz oben starten.
Die Gegend um Líndos wurde möglicherweise schon ab 2000 v. Chr. von den aus Kreta stammenden Minoern, der ersten europäischen Hochkultur, besiedelt. Ab etwa 1400 v. Chr. wurden sie von den vom griechischen Festland stammenden Mykenern abgelöst. Die Geographie mit dem gut zu verteidigenden Stadthügel und den sich für Häfen ideal anbietenden Buchten lud schon früh zu einer Besiedelung ein.
Tatsächlich gegründet wurde Líndos als Stadt dann von den Dorern um 1100 v. Chr., die vom Nordwesten Griechenlands ausgehend weite Bereiche der Peloponnes, Kreta, die Kykladen-Inseln, Rhodos und das südliche Kleinasien kolonisierten. Líndos teilte sich mit Ialyssós im Nordwesten und Kamirós im Westen in ständigem Wettbewerb die Macht über die ganze Insel, bis die drei Städte sich etwa im Jahre 408 v. Chr. zusammenschlossen und die Stadt Rhodos an der Nordspitze der Insel gründeten.
Durch die ideale Lage an der Ostküste und den geschützten natürlichen Hafen entwickelte sich Líndos im Laufe der Zeit zu einer mächtigen Seemacht, die Kolonien in Italien, Frankreich und Kleinasien gründete, und zu einem bedeutenden Handelsplatz im ganzen Mittelmeerraum, der insbesondere auch enge Kontakte mit den Phöniziern an der nordafrikanischen Küste pflegte.
Obwohl Líndos nach der Gründung der Stadt Rhodos seine politische und wirtschaftliche Bedeutung weitgehend verlor, behielt es seine Funktion als führendes religiöses Zentrum auf Rhodos bei.
Wichtigstes Zeugnis dafür sind die Überreste des dorischen Tempels der Athena Lindia, der sich am höchsten Punkt der Akropolis auf einem Plateau befindet. Die älteste Version dieses Tempels wurde bereits um etwa 700 v. Chr. errichtet, aber er wurde danach mehrfach umgebaut. Was man heute sieht, ist im Wesentlichen eine Rekonstruktion; nur wenige der oberen Säulenblöcke und größere Teile der Seitenmauern entstammen dem antiken Original.
Auf das Plateau führt eine breite Treppe, die von einer großen Halle – der Stoa – umrahmt war, von der einige Säulen ebenfalls rekonstruiert wurden. Die Halle stammt aus hellenistischer Zeit und wurde damit viel später als der erste Tempel erbaut, nämlich um etwa 200 v. Chr.
Aus noch späterer Zeit, etwa 200 n. Chr., stammen die Überreste eines römischen Tempels, der sich unterhalb des Plateaus befindet.
Mit ihrem eigenen Tempel waren die Römer am alten Athena-Tempel allerdings nicht mehr allzu interessiert und sie verschleppten viele der Kultobjekte nach Rom und später nach Byzanz und der Tempel begann langsam zu verfallen.
Die Zeitreise auf der Akropolis ist aber mit den Römern noch nicht zu Ende. Zwischen all den Gebäuden befinden sich auf dem Hügel auch die Reste einer byzantinischen Kapelle, der Johannes-Kirche, die im 13. Jahrhundert n. Chr. erbaut wurde.
Und nochmal 100 bis 200 Jahre später wurden die Festungsanlagen und Gebäude der Kreuzritter gebaut, die für das äußere Bild der Akropolis eigentlich bestimmend sind und die antiken Bauwerke mit ihrer massiven Mauer umfassen.
Auf Rhodos war einfach kein burgfähiger Hügel vor dem Festungsbedürfnis der Johanniter sicher. Um es sich einfach zu machen, haben sie auch keinesfalls Mauergestein selbst herangeschafft, sondern die Steine vieler der antiken Gebäude verwendet.
Von den Burgmauern aus hat man eine fantastische Aussicht auf die Umgebung von Líndos und auf die Apostel-Paulus-Bucht, in der Paulus 51 n. Chr. gelandet sein soll, als er Rhodos besuchte. Die Bucht, die nur an einer schmalen, aber für antike Schiffe ausreichend breiten Stelle zum Meer hin geöffnet ist (im Bild in der linken unteren Ecke des Beckens vom Felsen im Vordergrund verdeckt), ist daher ein sehr geschütztes natürliches Hafenbecken, das in der Antike als Heimathafen für die Seeflotte von Líndos diente.
In einer anderen Richtung hat man einen guten Blick auf die Panagía-Kirche, die direkt am Hauptweg durch den Ort liegt. Sie wurde im 14. Jahrhundert erbaut und dann etwa ein Jahrhundert später von den Rittern des Johanniterordens erweitert.
Die Menschenmengen, die an der Kirche vorbeiströmen – nicht um sie gezielt zu besuchen, sondern nur weil sie zufällig an der touristischen Hauptverkehrsader liegt -, machten einen Besichtigung des Kircheninneren für mich nicht sehr einladend. Vielleicht ein Fehler, denn sie soll sehr schöne und umfangreiche Fresken im nachbyzantinischen Stil enthalten, die erst im 18. Jahrhundert gemalt wurden und zu den bedeutendsten ganz Griechenlands gehören.
Blickt man von oben in den Irrgarten der Gassen des „modernen“ Líndos, so sieht man es aus der Höhe der einfachen kubischen Architektur der meisten Häuser des Dorfes nicht direkt an, dass viele Bewohner als alte Seefahrer- oder Reederfamilien durchaus sehr wohlhabend sind.
Der Aufwand, mit dem die Häuser gebaut sind, wird vor allem im Detail deutlich, wenn man durch die Gassen streift und direkt vor ihnen steht.
Viele Eingangsbereiche und Innenhöfe sind kunstvoll ausgestattet, Türen, Fenstergitter und Geländer sind zum Beispiel mit feinen Ornamenten, Mauern und Durchgänge mit Säulen und Bögen, und Wege und Höfe mit Kieselsteinmosaiken verziert. Das Holz der Türen sieht auch nicht nach billigen Spanplatten aus.
Wahrscheinlich nicht nur der Touristen wegen mag man es häufig, Schatten mit Blätterdächern über den Gassen zu werfen oder mit Blumen etwas Farbe in das blendende Weiß der Häuser zu bringen.
Und in Líndos sind manchmal nicht nur die Häuser schneeweiß.
Obwohl auf der Akropolis ein kühlender Wind vorherrschte, hatte das schattenlose Plateau dort oben meinen Flüssigkeitshaushalt heimlich durcheinander gebracht und ich kehrte mit einem fürchterlichen Durst ins Dorf zurück, den ich in einer der Tavernen bei einer Halbzeit der Fußball-WM erst einmal gründlich stillen musste. Glücklicherweise gibt es in Líndos natürlich keinen Mangel an Restaurants, Bars und Tavernen.
Inzwischen war es späterer Nachmittag geworden und ich machte mich langsam auf den Heimweg, um noch vor Einbruch der Dunkelheit ein, zwei Stunden etwas von der kühlenden Südägäis unter Meeresspiegelniveau zu haben.
Vati – Ágios Isídoros – Kloster Artamíti – Émbonas – Láerma – Kloster Tharí
Am fünften Tag auf Rhodos stand mein letzter Umzug vom Süden der Insel in die Region um Líndos auf halber Strecke zwischen Süden und Norden an, den ich mit einem Umweg durch das Inselinnere verbunden habe.
Vati
Wenn man die Straße von Gennádi an der Ostküste nach Apolakkía an der Westküste entlangfährt, kommt man auch an Vati vorbei, einem Dorf, das man leicht verpassen kann, da die Straße nicht mitten durch den Ort führt, sondern am Ortsrand vorbei.
Kurz gesagt, auch ich habe dieses Dorf sozusagen übersehen, allerdings an einer kleinen Kapelle gehalten, die sich bei Vati an der vorbeiführenden Hauptstraße direkt ein paar Stufen über der Straße befindet.
Die Kapelle ist weder in meinem Reiseführer erwähnt noch auf einer meiner drei Landkarten noch in Google Maps eingezeichnet und sie könnte, wenn man von Gennádi kommt, noch leichter übersehen werden als das Dorf selbst – wenn nicht kurz vorher an der Straße ein Schild stünde, das ihren auffallend ausführlichen Namen preisgibt: St. Raphael, Nicholas und Irene.
St. Raphael, Nicholas und Irene bei Vati, an der Straße in Richtung Gennádi, Quelle: Google Maps/Google Earth
Solche Kapellen am Straßenrand oder im Nirgendwo sind auf Rhodos (und noch mehr auf Karpathos) nicht ungewöhnlich und die meisten haben keine kulturhistorische Bedeutung, aber meistens sind ihre Türen geöffnet und man kann sie sich innen ansehen und nicht selten Grüße in einem ausgelegten „Gästebuch“ hinterlassen.
In dieser Kapelle waren Wände und Decke recht farbenfroh mit Bildern von Heiligen geschmückt und ich fragte mich, wer nun die drei Namensgeber waren und was es gerade mit ihnen auf sich hatte, da es doch weit mehr als nur drei Figuren von Heiligen in dieser Kapelle gab.
Es stellte sich heraus, dass es um das Bild ging, das auf dem Foto halblinks zu sehen ist – mit Raphael links auf dem Bild, Nicholas rechts und der nur halb so großen Irene in der Mitte zwischen den beiden.
Mit meinem praktisch nicht vorhandenen Wissen über die griechisch-orthodoxe Kirche musste ich recherchieren, welche Geschichte sich hinter den drei Personen verbirgt.
Raphael, Nicholas und Irene sind sogenannte „Moderne Heilige“ oder „Neue Märtyrer“, was nicht heißen muss, dass sie in der jüngeren Vergangenheit lebten – tatsächlich lebten die drei im 15. Jahrhundert -, sondern vor allem dass sie erst jüngst in den Status von Heiligen erhoben wurden. Die Geschichte geht etwa so:
Jahrhundertelang gingen die Menschen auf der griechischen Insel Lesbos am Dienstag nach Ostern zu den Ruinen eines alten Klosters. Im Laufe der Zeit vergaßen sie aber den Grund für diese jährliche Pilgerung, bis auf eine vage Erinnerung, dass dort einst ein Kloster stand und die Mönche von Türken ermordet wurden.
Im Jahre 1959 wurde eine Kapelle in der Nähe der Ruine gebaut und beim Legen des Fundaments wurde ein Grab entdeckt. Die Ausgrabungsarbeiten waren von wunderlichen Vorkommnissen begleitet: Der Ausgrabungsleiter konnte den Sack mit den Knochen des Begrabenen nicht heben, so schwer waren sie, er hörte Stimmen, die von den Knochen kamen, und sie verströmten einen wohlriechenden Weihrauchduft. In der Nacht erschien einem Priester St. Raphael und er offenbarte ihm, dass er der Begrabene war.
Kurz darauf erschien St. Raphael vielen Bewohnern von Lesbos im Traum, und in den Jahren 1960 bzw. 1961 erschien ihnen St. Nicholas und St. Irene. Sie offenbarten ihnen ihre Geschichte und baten darum, ihrer und ihres Martyriums zu gedenken.
Der etwa im Jahr 1410 auf Ithaka geborene St. Raphael war Mönch und später Klostervorsteher jenes Klosters auf Lesbos. St. Nicholas war sein treuer und ihm ergebener Schüler. Im Jahre 1463 wurde Lesbos von Türken erobert, das Kloster wurde überfallen und die Mönche gefangen genommen. Sie wurden von Gründonnerstag bis zum Dienstag nach Ostern gefoltert. St. Raphael wurde an einem Baum aufgehangen und ihm wurde das Kinn abgesägt, bevor er geköpft wurde. St. Nicholas wurde auch gepeinigt und er musste bei der Folter seines Lehrers zusehen. Er starb angesichts dieser Schrecken an einem Herzanfall. Irene war die zwölfjährige Tochter des Dorfbürgermeisters, die versucht hatte, die Mönche vor dem Überfall durch die Türken zu warnen. Aber nachdem auch sie gefangen genommen wurde, schlug man ihr vor den Augen ihrer Eltern einen Arm ab, steckte sie in ein tönernes Fass, das auf ein Feuer gestellt wurde und in dem sie erstickte und verbrannte.
Basierend auf den Berichten derjenigen, denen die Heiligen erschienen sind, wurden ihre Ikonen von einem modernen Ikonographen gezeichnet. Das Muster legt bestimmte Merkmale fest – Raphael groß und würdevoll mit dunklem mit Grau versetztem Haar, Nicholas klein und dünn, Irene mit langem gelbem Kleid und zwei Zöpfen an beiden Seiten ihres Gesichts, etc. -, aber davon abgeleitete Darstellungen können in vielen Details abweichen.
Ein Mönch vom Berg Athos hat einen liturgischen Gottesdienst um die drei Heiligen zusammengestellt, der am Dienstag nach Ostern mancherorts begangen wird. Auch wurde byzantinische Kirchenmusik um ihre Geschichte komponiert.
Und hier und da gibt es Kapellen in Griechenland, die sich besonders dem Andenken von Raphael, Nicholas und Irene widmen – wie zum Beispiel die kleine Kapelle bei Vati auf Rhodos.
Ágios Isídoros
Die Fahrt ging weiter über eine einsame Landstraße, die durch Olivenhaine am Fuße des Attáviros-Gebirgsstocks führt.
Am Berghang, wenn die baumbewachsene Zone fast in die nur noch trockenen Geröllfelder des Berges übergeht, liegt das Dorf Ágios Isídoros.
In einer Taverne, deren Speisekarte vor dem Eingang einen eigentümlichen Mix an englischen und deutschen Wörtern enthielt, habe ich mich für einen griechischen Kaffee kurz aufgehalten. Überraschenderweise sprach die Tavernenbesitzerin sehr gut deutsch und es stellte sich heraus, dass sie vor fast 50 Jahren für knapp zwei Jahre in einer Papierfabrik bei Düsseldorf gearbeitet hatte. Obwohl sie danach nie wieder in Deutschland war, beherrschte sie – dank der Übung durch gelegentliche Smalltalks mit deutschen Touristen – die Sprache immer noch sehr gut.
Kloster Artamíti
Von hier aus folgte ich der Straße immer unterhalb des Attáviros in Richtung Norden. Unterwegs trifft man auf das einsam gelegene kleine Kloster Artamíti.
Tatsächlich war keine Menschenseele zu sehen, jedoch drang aus dem Inneren der Kirche eine laute Stimme, die anderen dort anscheinend strenge Anweisungen gab. Da die Kirche dem Heiligen Johannes geweiht ist und ich davon ausging, dass es sich um den Johannes handelt, der die Apokalypse geschrieben hat, war mir ein Nähertreten unheimlich und ich fuhr schnell weiter. Schließlich will man keinem übelgelaunten Apokalyptiker in die Quere kommen.
Die Straße verläuft immer unterhalb der Geröllhänge des Attáviros, der zwar der höchste Berg auf Rhodos ist, aber mit 1215 Metern weniger hoch ist als er wirkt.
Auf dem Gipfel befindet sich eine militärische Radarstation und abschnittsweise soll eine Asphaltstraße hinaufführen, aber nicht komplett, so dass ein geländegängiges Fahrzeug nötig wäre. Die Besteigung zu Fuß auf permanentem schattenlosem Geröll kann ein unangenehmes Unterfangen sein, zumal kein markierter Weg hinaufführen soll.
Émbonas
Im Vergleich zu den Dörfern zuvor herrschte in Émbonas, das auf der anderen, westlichen Seite des Attáviros liegt, mit mehreren Ausflugsbussen vor Ort und einer viel höheren Dichte an Tavernen und Geschäften geradezu Rummel.
Wie man an den herumstehenden Fässern schon ahnen kann, hat die größere Besucherzahl einen Grund: Émbonas ist das Weindorf auf Rhodos. In seiner Umgebung wird intensiv Wein angebaut und es sind viele in Familienbesitz befindliche Weingüter und ihre kleinen Verkaufsgeschäfte im Ort zu Hause.
Émbonas gehört mit 1500 Einwohnern zu den größeren Bergdörfern auf Rhodos.
Man baut verschiedene bekannte und auch weniger bekannte rote und weiße Trauben an. Eine Besonderheit ist dabei die weiße Athiri-Traube, die endemisch ist und nur an den Hängen des Attávira in 600 bis 700 Metern Höhe wächst. Neben dem Wein wird auch gerne ein hochprozentiger Tresterbrand namens Souma hergestellt, sozusagen der Grappa von Rhodos.
Was ich als Rummel bezeichnet habe, ist aber nur relativ zu sehen – tatsächlich war es selbst in Émbonas immer noch recht ruhig, und bei einer kleinen Weinprobe in einem der Geschäfte eines ansässigen Weingutes an der Hauptstraße war ich ganz ungestört und als Kunde allein. Da ich ja mit dem Auto unterwegs war, konnte ich leider nicht viel probieren – ich bin sicher, es wäre ein großes Vergnügen gewesen, mehr vom Angebot des Weinguts die Kehle herunterlaufen zu lassen.
Láerma
Über Apollóna ging der Weg weiter nach Láerma. Die lange Strecke zwischen den beiden Dörfern ist besonders reizvoll und bietet auf der schmalen einsamen Straße häufig Ausblicke, die weit über das grüne, geradezu urwaldartig erscheinende Inselinnere reichen.
Die Strecke ist auch sehr blumenreich…
… und von der Straße aus ist fast stets die bewaldete Gebirgskette des Profítis Ilías zu sehen, des nach dem Attáviros zweiten größeren Gebirgsblocks auf Rhodos, den ich in den folgenden Tagen noch zu besuchen geplant hatte.
Nach der langen Fahrt durch unbesiedelte Landschaft war Láerma eine willkommene Gelegenheit für ein Eis und einen Capuccino in einer Taverne, in der gleich zwei Fernseher in voller Lautstärke liefen: ein in einen hoch aufgehängten Holzkasten handwerklich sehr kunstvoll integrierter Fernseher, in dem gerade ein Spiel der Fußballweltmeisterschaft lief – Portugal gegen Marokko -, und ein Fernseher hinter der offenen Tavernentür, in dem die Wirtin gebannt vor einer nachmittäglichen Folkloresendung mit wildem griechischem Tanz und schräger Schweinsbalgmusik stand.
Überraschenderweise sprach auch hier der Gastwirt fließend Deutsch. Er hatte lange Zeit in Deutschland gelebt. Nach Ende des Fußballspiels, das weder ihn noch mich wirklich vom Hocker riss, machte ich mich auf zur nächsten Etappe.
Kloster Tharí
Das Kloster Tharí trägt den offiziellen Namen „Kloster des Erzengels Michael“. Es liegt in den Bergen und schmiegt sich an einen grün bewachsenen Hang.
Es ist mit einem großen Parkplatz offenbar auf viele touristische Besuche vorbereitet, aber zu der Tageszeit, als ich dort auftauchte, war der Parkplatz leer und der Eingang zum Klostergelände verschlossen.
Auf dem Areal befindet sich ein alte byzantinische Basilika aus dem 9. Jahrhundert.
Über eine kleine stille Landstraße ging der Weg über Asklipío und Kiotári durch Olivenhaine und weite Ausblicke zurück an die Ostküste.
Unterwegs war noch einmal eine große Fläche zu sehen, auf der in letzter Zeit ein Feuer den Wald vernichtet haben musste und die sich wie die Asche eines ehemaligen Lavastroms ins Tal hinab schlängelte.
An der Ostküste angekommen fuhr ich weiter nach Norden meiner nächsten und letzten Unterkunft entgegen.