In Grenada befinden sich eine Reihe kleiner Betriebe, in denen Kakao, Gewürze und Rum hergestellt werden. Es sind keine große Plantagen, die sich nur auf einen Teil der Produktionskette spezialisiert haben und dann das halbfertige Produkt zur Weiterverarbeitung in große Fabriken exportieren, sondern eher Familienbetriebe, die von der Ernte der Rohstoffe bis zum Verkauf der fertigen Ware an den Endkunden im eigenen Shop die ganze Herstellung unter einem Dach durchführen.
Zwei dieser Betriebe zur Herstellung von Kakaopulver und Schokolade finden sich nahe beieinander im Norden Grenadas – die Grenada Chocolate Company und das Belmont Estate.


Letzteres ist zwar auch eine Touristenattraktion, die neben der Herstellung von Schokolade einiges Drumherum auf dem weitläufigen eigenen Gelände zur Unterhaltung der Besucher anbietet, aber dennoch kann man auch hier während einer Führung die ganze Verarbeitungskette bis zur fertigen Schokolade beobachten.
Die folgenden Fotos sind teilweise in dem einen, teilweise dem anderen Betrieb gemacht.

Die ursprüngliche Herkunft des Kakaobaums sind die Regenwälder Südamerikas. Von dort wurde er aber in alle tropischen Länder Mittelamerikas, Afrikas und Asiens gebracht und wird dort hauptsächlich auf Plantagen angepflanzt.
Der Baum ist ein Unterholzgewächs, das sich nur auf Böden mit verrottendem Laub und vor allem im Schatten anderer größerer Bäume wohlfühlt, die man auch „Kakaomütter“ nennt. Das Prinzip, auch auf Plantagen den Kakaobaum nur in Kombination mit anderen schattenspendenden Gewächsen anzupflanzen, haben schon die Maya entdeckt und eingesetzt.
Der Baum treibt viele Tausende kleiner Blüten, von denen aber nur ein sehr geringer Teil bestäubt wird und sich zu einer vollen Kakaofrucht entwickelt, die am Stamm des Kakaobaums wächst und mit Macheten oder langen Lanzen für den oberen Bereich des Baums geerntet wird.

Von den zwei Hauptsorten des Kakao – Criollo und Forastero – ist der Criollo die ursprüngliche Sorte, die aus Südamerika stammt. Sie gilt als die bessere, geschmacksintensivere Art, aus der die meisten teureren Edelschokoladen hergestellt werden. Sie wird auch auf Grenada, wie auch auf den meisten karibischen Inseln und in Mittelamerika, angebaut.
Die etwa 20 Zentimeter lange Frucht wird aufgeschnitten, und in ihrem Inneren befinden sich dicht gepackt etwa 40 Samen von ca. zwei Zentimeter Größe, die von einem weißen weichen Fruchtfleisch umhüllt sind.

In manchen Ländern wird aus diesem Fruchtfleisch ein süß und fruchtig schmeckendes Getränk hergestellt. Man kann es auch von den Samenkernen im Inneren, den Kakaobohnen, die härter sind und schon eine leicht bräunliche Farbe haben, lutschen und wird dabei schon einen milden Kakaogeschmack bemerken, der aber noch weit vom intensiven Geschmack des späteren Produkts entfernt ist.
Der erste Schritt der weiteren Verarbeitung der Kakaobohnen ist die Fermentation. Dazu werden die Samen mitsamt dem weißen Fruchfleisch aus der Schale gelöst und in Holztröge gegeben, die im Belmont Estate wie eine Reihe kleiner Holzställe aussehen.

Die Samen werden dann mit Blättern – meist sind es Bananenblätter – zugedeckt und für etwa fünf Tage sich selbst überlassen. Gelegentlich werden die Blätter angehoben und die Bohnen werden neu durchgemischt.

Die natürliche karibische Wärme treibt den Fermentationsprozess an, und unter der Blätterdecke entwickeln sich mit weit über 50 Grad Saunatemperaturen. Das Fruchtfleisch gärt dabei zu Alkohol und Essig und löst sich langsam von den Bohnen, die selbst kurz keimen, aber durch die große Wärme kurz darauf wieder absterben.


Nach dem Fermentieren enthalten die Kakaobohnen noch zu viel Feuchtigkeit. Um sie haltbar zu machen und vor Schimmelbefall zu schützen, müssen die Bohnen im nächsten Schritt getrocknet werden. Das Trocknen der Bohnen erfolgt entweder natürlich unter der Sonne oder indem man mit Treibhäusern und heißer Luft nachhilft. Dementsprechend dauert das Trocknen zwischen zwei Tagen und zwei Wochen.
Damit jede Bohne genug Wärme für den Trocknungsprozess erhält, wird der flach ausgelegte Bohnenteppich mehrfach am Tag umgerührt – entweder mit einfachen Hilfsmitteln…

…oder indem eher traditional ein kleines Tänzchen auf den Kakaobohnen aufgeführt wird. Die im Freien getrockneten Bohnen werden – vor allem in der Karibik, wo gelegentliche heftige Regenschauer niedergehen können, – auf Tischen ausgebreitet, die auf Schienen und Rollen gelagert sind und damit im Falle eines Falles schnell unter ein schützendes Regendach geschoben werden können.

Nach dem Trocknen hat die Kakaobohne eine kräftigere braune Farbe angenommen und der Kakaogeschmack ist schon etwas intensiver geworden.

Die Bohnen haben begonnen, in kleinere spröde Splitter zu zerbrechen, die noch von einer dünnen harten Schale umgeben sind.

Um das volle Kakaoaroma zu entfalten und die Trocknung noch weiter zu treiben, werden die Bohnen nun bei über 100 Grad geröstet. Die Röstung ist manchmal mit dem Aufbrechen der Schalen kombiniert; die Schalen der Kakaobohnen werden dabei zwischen Walzen zerbrochen und mit strömender Luft vom eigentlichen Kakaobohnenkern weggeblasen.

Das Ergebnis sind viele kleine Kakaosplitter, der sogenannte Kakaobruch, die anschließend zwischen Walzen gemahlen werden und sich dabei durch die Reibungswärme verflüssigen. Gleichzeitig werden durch die mechanische Beanspruchung und die Wärme die Zellwände der Kakaostücke zerrissen und die Kakaobutter, das eigene Fett des Kakaos, tritt aus und vermischt sich mit dem flüssigen Kakao.

Die Kakaobutter, die immerhin etwa 50% der ganzen Masse ausmacht, kann größtenteils durch ein Sieb aus der Kakaomasse herausgepresst werden. Sie wird für die Herstellung weißer Schokolade oder auch in kosmetischen und pharmazeutischen Produkten verwendet.

Übrig bleibt der Kakaopresskuchen, der zu Kakaopulver zermahlen oder durch Mischung mit anderen Zutaten zu Schokolade verarbeitet wird.

Eine Spezialität auf Grenada ist die Verwendung von Muskat in einigen Schokoladensorten. Grenada ist neben Indonesien weltweit der größte Exporteur von Muskatnuss, die das wichtigste Wirtschaftsgut des Landes ist.
Die Muskatnuss wächst an Bäumen und die Früchte, welche den Kern – die eigentliche Nuss – einhüllen, sehen Aprikosen recht ähnlich. Der Kern ist von einem roten Geflecht, dem Samenmantel, umgeben, der auch „Macis“ oder „Muskatblüte“ genannt wird.

Macis wird ebenso wie die Nuss als Gewürz verarbeitet, hat aber einen weniger intensiven Geschmack als die abgeriebene Nuss. Selbst das orange Fruchtfleisch wird zum Beispiel für Gelees und Marmelade genutzt und hat einen noch milderen Muskatgeschmack.

Es gibt mehrere Verarbeitungsbetriebe für Muskatnuss auf Grenada, eine der größten ist die Grenada Co-operative Nutmeg Association in Guyave, an der ich leider nur am späteren Abend vorbeigefahren bin, ohne sie besichtigen zu können.


Ein weiteres Gewürz, das eine große Rolle auf Grenada spielt und das der Insel zusammen mit der Muskatnuss zum Zusatznamen „Gewürzinsel“ verholfen hat, ist Zimt.
Zumindest unter allen karibischen und sogar allen Ländern des amerikanischen Doppelkontintents ist Grenada der führende Zimtexporteur, wird aber von einigen asiatischen Ländern wie Indonesien und China um mehr als das tausendfache der Exportmenge übertroffen.
Zimt ist im Wesentlichen einfach die getrocknete Rinde des Zimtbaums. Sie wird in Handarbeit abgeschält und in längeren Stangen mehrschichtig zusammengerollt. Nach der Trocknung werden die Zimtstangen entweder so wie sie sind oder in zerriebener Form in den Handel gebracht.

Bricht man die Blätter des Zimtbaums durch, so entfaltet schon der Pflanzensaft an der Bruchstelle ein intensives Zimtaroma.

Ein paar Kilometer weiter östlich vom Belmont Estate und fast an der Atlantikküste liegt die River Antoine Rum Distillery, eine von mehreren Rumdestillerien auf Grenada, die aber von sich behauptet, nicht nur die älteste auf Grenada, sondern mit ihrer Gründung im Jahre 1785 sogar die älteste der ganzen Karibik zu sein. Nun ja, ich habe eine Flasche Rum von einer Destillerie auf Barbados, auf deren Label behauptet wird, sie sei die älteste der Welt.
Wie dem auch sei, die River Antoine Distillery ist ziemlich alt – und jedenfalls die älteste auf Grenada – und vor allem wird in ihr fast noch so produziert wie vor 200 Jahren.
Es beginnt mit einem See, dem Lake Antoine, der weniger als einen Kilometer entfernt liegt und der Destillerie gehört, so jedenfalls die Aussage des Tourguides. Der kleine versteckte See ist neben dem Grand Etang Lake der zweite Kratersee Grenadas.

Sein Wasser ist aber nicht, wie bei der Bierherstellung, Teil des endgültigen Rumgetränks, sondern dient nur dem Antrieb eines Wasserrads, das sich auf dem Gelände der etwas tiefer liegenden Destillerie befindet. Es soll, nach Aussage der Destillerie, die älteste Wassermühle der Karibik sein, die noch in Betrieb ist, eine Behauptung, die ich nicht ohne Argwohn mal so stehen lasse.


Jedenfalls funktioniert die Mühle, ist schön anzuschauen und erfüllt den für den ganzen Produktionsprozess grundlegenden Zweck, über verbundene Zahnräder und Wellen eine Presse anzutreiben.
Ausgepresst wird hier Zuckerrohr, denn im Wesentlichen ist Rum gegorener und hochdestillierter Zuckersaft.
Zuckerrohr wächst in etwa drei bis sechs Meter hohen Stangen. Der Ursprung der Zuckerrohrpflanze liegt nicht in der Karibik, sondern in Ostasien, wo sie schon im 5. Jahrhundert v. Chr. als Nutzpflanze kultiviert wurde. Aber bereits Christoph Kolumbus brachte 1493 die Pflanze mit in die Karibik, wo sie sich schnell ausgebreitet hat.
Der Rohrzucker wurde schnell zum wichtigsten Anbau- und Exportprodukt der Karibik und war nicht zuletzt ein Treiber für den Handel von Sklaven, die für die Ernte und Verarbeitung von Zuckerrohr von Westafrika in die Karibikkolonien der europäischen Seemächte verschleppt wurden.

Trotz der Fokussierung der Karibik auf die Zuckerproduktion blieb das Produkt in den frühen Jahren für den europäischen Normalverbraucher ein unerschwingliches Luxusgut, bis sich mit der Züchtung der Zuckerrübe eine alternative und auch im kühlen Europa anbaufähige Zuckerquelle auftat.
In der River Antoine Rum Distillery wird das geerntete Zuckerrohr über ein Förderband in großen Mengen der Presse zugeführt. Neben dem Zuckersaft bleibt dabei das faserige Stroh der Zuckerrohrpflanze, die sogenannte Bagasse, zurück, die etwa ein Drittel der ursprünglichen Masse ausmacht.
Die Bagasse wird auf Halden auf dem Gelände der Brennerei gebracht und ist keinesfalls nutzloser Abfall. Sie kann nach Vermischung mit anderen Produkten als Viehfutter verwendet werden oder man kann Pappe und Baumaterialien aus ihr fertigen.


In den Rumbrennereien ist die wichtigste Verwendung der Bagasse jedoch einfach ihre Verbrennung als Energielieferant für das Einkochen des Zuckersafts und für den späteren Destillationsprozess.
Der Zuckersaft fließt aus der Presse ab und wird großen Behältern zugeführt. Beim sogenannten Rhum Agricole, der hauptsächlich auf den französischen Karabikinseln wie Martinique und Guadeloupe produziert wird, wird dieser Saft sofort der Gärung und Destillation zugeführt.

In praktisch allen anderen Ländern, unter anderem eben auch Grenada, erfolgt jedoch noch ein Zwischenschritt, bei dem der Zuckersaft langsam eingekocht und ihm dabei das Wasser entzogen wird.
Der Vorgang startet in einem Kessel bei niedrigen Temperaturen und geht dabei über mehrere immer wärmer werdende Kessel zu einem heißen Kessel über. Der Saft wird dabei mühsam von Hand mit großen Schöpfkellen von einem Behälter zum nächsten befördert. Dieser langsame Kochprozess ist wichtig, um zu verhindern, dass der Zucker karamellisiert und damit ein unerwünschtes Röstaroma annimmt.
Das Ergebnis dieses Kochprozesses ist Melasse, ein dickflüssiger Sirup, der auch industriell hergestellt wird und für verschiedene Zwecke, zum Beispiel als Futtermittel in der Viehwirtschaft, eingesetzt werden kann.
Bei der Rumherstellung ist Melasse der Ausgangspunkt des Fermentations- oder Gärungsprozesses. In der River Antoine Distillery wird die eingekochte Flüssigkeit dazu in große Betonbottiche gebracht, wo sie über einen Zeitraum von ein paar Tagen bis zu zwei Wochen die alkoholische Gärung durchläuft.

Bei den ablaufenden biochemischen Prozessen dieser natürlichen Fermentierung wandeln Hefeorganismen den Zucker der Flüssigkeit in Alkohol und Kohlendioxid um. Die Fermentierung ist der entscheidende Vorgang der ganzen Rumproduktion und die Feinheiten dieses Prozesses, der in den verschiedenen Brennereien unterschiedlich gesteuert und beeinflusst wird, entscheiden über die eigene Handschrift des späteren fertigen Rums.

Der gegorene Zuckerwein hat erst nur einen niedrigen Alkoholgehalt von knapp 5% und wird nun destilliert. Dabei wird der leichtflüchtigere Alkohol verdampft und vom Restwasser getrennt, bevor er auf der anderen Seite eines Kolbens wieder kondensiert. Im Ergebnis ist der Alkoholgehalt danach auf etwa 75% gestiegen.

Der Alkoholgehalt des Rums wird abschließend streng überprüft. Traditionell produziert die River Antoine Rum Distillery einen Rum mit 75% Alkoholgehalt. Jedoch gibt es seit einigen Jahren insbesondere für Touristen, die eine Flasche Rum in die Heimat mitnehmen möchten, eine Variante mit 69% Alkohol, da alkoholische Getränke mit 70% und mehr als brennbare Flüssigkeiten nicht mehr in Flugzeugen mitgeführt werden dürfen.

Der größte Teil der Produktion aus der Brennerei wird jedoch als weißer Rum an den heimischen Markt in Grenada verkauft. Die meisten Rumbrennereien in der Karibik unterziehen den Rum danach noch einem Reifungsprozess, bei dem er mehrere Jahre, teilweise bis zu 25 Jahre, in Fässern ausgebaut wird. Es werden in der Regel Eichenfässer verwendet, die zuvor schon für andere Zwecke wie die Herstellung von Whiskey, Bourbon oder Cognac genutzt wurden. Der Rum nimmt damit – und auch durch Mischung verschiedener Sorten und Jahrgänge – seinen ganz eigenen Geschmack und neue Farbnuancen an. Aus dem weißen Rum ist damit brauner Rum geworden.
(Fotos vom Februar 2019)