St. George’s ist ein kleines Städtchen mit gerade einmal 7000 Einwohnern und etwa 35000 in ihrem „Großraum“ – und trotzdem hat sie den gleichen politischen Status wie eine Multimillionen-Metropole wie Tokio: Sie ist die Hauptstadt eines Staates. Sie liegt im Südwesten Grenadas an der Karibikküste nur zwei, drei Kilometer nördlich des Grand Anse Beach. Mit ihrer Lage an den Hängen oberhalb eines zweiteiligen Naturhafens gilt sie als eine der schönsten Städte der Karibik.
Kommt man von Süden, trifft man zunächst auf den ersten, größeren Teil dieses Hafens, The Lagoon genannt. Er dient im Wesentlichen als Yachthafen, in dem viele Segeltörns durch die ostkaribische Inselwelt starten oder enden.


Kurz darauf und vorbei an einem kleinen Gelände mit Frachtanlagen erreicht man auch schon den zweiten Teil, den Hafen Carenage, um den die Straße wie ein U verläuft.

Carenage ist sicherlich der charakteristischere Teil, welcher das Bild von St. George’s wesentlich bestimmt.

Vom inneren Teil des Hafens sieht man über die Bucht den Grand Anse Beach in der Ferne und zur Rechten auf dem Hügel einer Landzunge, die den Hafen umfasst, das Fort George.

Der Weg führt entlang der Hafenpromenade und dann am Ende in wenigen Kehren über den Dächern der Häuser am Hafen zu dieser alten Festung hinauf.

Der Bau dieses Forts wurde wenige Jahre nach der Gründung von St. George’s und der Kolonisierung Grenadas im Jahre 1650 durch die Franzosen begonnen, zunächst unter dem Namen Fort Royale. Die Stadt trug entsprechend ursprünglich den Namen Ville de Fort Royal. Als die Insel 1763 in britische Hände überging, wurde die Festung in Fort George und die Stadt in St. George’s umbenannt, dem Namen des damaligen britischen Königs George III. folgend.

Der Ort erinnert wenig an eine historische Stätte, sondern eher an ein Ruinengelände, um dessen Restaurierung und Instandhaltung man sich kaum bemüht.


Der zentrale Exerzierplatz ist ein Basketballfeld geworden und in einem der Gebäude ist ein Fitnessstudio untergebracht. Mehrere der Gebäude werden von der Stadtpolizei genutzt, die hin und wieder durch die Festungsanlage bummelt.
Die meisten der Gebäude sind völlige Ruinen, die dem endgültigen Verfall bedenklich nahe zu sein scheinen, was nichtsdestotrotz seinen besonderen Reiz hat.

Das Beste an Fort George ist die Aussicht, die sich von hier in alle Himmelsrichtungen bietet.

Beide Hafenbecken, Carenage und The Lagoon, sind von hier zu überblicken.

In Richtung Süden blickt man über die Grand Anse Bay mit dem langgezogenen Strand auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht.

Und ein Stück weiter westlich ist die Südwestspitze der Insel zu sehen.

In Richtung Norden hat man einen guten Blick über den Hauptteil von St. George’s und die Westküste der Insel.

Beim Blick über die Kolonialarchitektur der Stadt fällt ganz in der Nähe ein Kirchturm auf.


Es handelt sich um die Presbyterianische Kirche St. Andrews – oder was von ihr übriggeblieben ist.
Dieser Zustand ist das Ergebnis eines des verheerendsten Hurrikane, der Grenada je getroffen hat, Hurrikan Ivan im Jahre 2004. Entstanden über den Kapverdischen Inseln sammelte dieser Wirbelsturm Energie auf seinem Weg über den Atlantik und traf dann Grenada mit voller Wucht. Damals wurden 85 % aller Gebäude auf Grenada völlig zerstört, etwa 40 Menschen kamen ums Leben und es entstand ein Schaden von 1 Milliarde Dollar, für das kleine Land eine ökonomische Katastrophe.
Spuren und Geschichten über diesen Wirbelsturm begegnen einem auf Grenada allerorts. Die meisten Gebäude wurden wieder aufgebaut, aber für diese Kirche hatte man entweder kein Geld oder vielleicht hatte man Angst vor dem nächsten Wirbelsturm. So steht sie jetzt in der Hauptstadt als Erinnerung an die unkontrollierbaren Naturgewalten, welche die Region jederzeit treffen können.

Die Kirche liegt auf einem Hügel, der die beiden Teile von St. George’s voneinander trennt. Der schnellste Weg zwischen den beiden Teilen verläuft nicht über den Hügel, sondern durch einen kurzen kaum mehr als 100 Meter langen und sehr engen Tunnel, durch den auch der Autoverkehr zwischen Süden und Norden der Insel gequetscht wird.
Der Sendall-Tunnel existiert schon seit weit über 100 Jahren und er ist ein kombinierter Auto- und Fußgängertunnel – ohne Trennung von Fahr- und Fußgängerspuren und ohne Lüftung. Ihn zu durchqueren, ist ein Abenteuer für Leib und Lunge.
Auf der anderen Seite befindet sich der größere Teil der Stadt. Hier ist das Parlamentsgebäude, Banken und andere offizielle Behörden und das Einkaufsviertel mit dem Markt als zentralem Treffpunkt von St. George’s.


Am Ufer dieses Stadtteils befindet sich auch der einzige größere Fähranleger, der auf die Abmessungen und den Tiefgang von Kreuzfahrtschiffen ausgelegt ist.
Eines dieser Schiffe legt beinahe täglich morgens an und verlässt die Insel am Abend wieder. Die Touristen verteilen sich in der Regel bei Ausflügen über die ganze Insel, so dass sie in St. George’s nicht besonders auffallen. Man mischt sich dort viel mehr unter die Einheimischen als unter andere Besucher.
Die Hauptstraße, die durch den Sendall-Tunnel verläuft, folgt danach der Westküste in den Norden Grenadas. Das war auch mein Ziel für die nächsten Tage auf der Insel.

(Fotos vom Januar 2019)
super schön und das Wahnsinns blaue Wasser untermalt das Ganze ! Einfach Karibikfeeling.
Die Festung ist ja der reinste Lost Place !!!! Denke in der Karibik gibt es eh viele davon und man muss da vermutlich gar nicht lange suchen !
Der Liegestuhl auf Bild Nr. 1 lädt zwar zum verweilen ein aber ich glaube dann bricht er vollends zusammen !!!
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Vielen Dank! Ja, das ist wahr, es gibt häufig verlassene Gebäude – oder halb verlassene, manchmal weiß man nicht so recht, ob noch jemand drinwohnt 🙂 In einigen der verfallenen Gebäude auf der Festung waren auch noch Leute, und man konnte nicht wirklich erkennen, ob sie da wohnen oder die historische Stätte unterhalten oder bewachen. Aber ein zweifelsfreier Lost Place kommt noch in einem späteren Beitrag!
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Ich freue mich auf jeden Fall auf die nächsten Lost Places !!!!
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