Wie auch das nördlich gelegene St. Lucia und das südliche Grenada ist St. Vincent and the Grenadines ein unabhängiger karibischer Kleinstaat. Er gehört wie die beiden Nachbarn zum britischen Commonwealth, hat Englisch als offizielle Landessprache und benutzt als Währung ebenfalls den Ostkaribischen Dollar. Mit ca. 120.000 Einwohnern hat St. Vincent eine nur wenig größere Bevölkerungszahl als Grenada und eine etwas kleinere als St. Lucia. Auch die Landesfläche ist vergleichbar mit den beiden Nachbarstaaten und setzt sich aus der Hauptinsel St. Vincent und 32 kleineren, teilweise bewohnten Inseln, den Grenadinen, zusammen. Ein kleiner südlicher Teil der Grenadinen gehört zu Grenada.

Die Geschichte St. Vincent’s ist wie bei allen ostkaribischen Staaten vom Kolonialismus geprägt. Die ursprüngliche Bevölkerung, die Arawak und später die Kariben, wurde im 17. Jahrhundert von den sich um die Insel streitenden Franzosen und Briten verdrängt, nachdem sie Christoph Kolumbus 1498 entdeckt und nach dem Heiligen Vinzenz von Valencia benannt hatte, der am Tag der Entdeckung Namenstag hatte.
Die Ursprünge der heutigen Bevölkerung liegen wie auf allen ostkaribischen Inseln im transatlantischen Sklavenhandel, der Sklaven aus Afrika auf die Zuckerrohrplantagen der Inseln zur Zwangsarbeit gebracht hatte. Nach der Befreiung der Sklaven sind diese auf den Inseln geblieben und stellen heute den größten Teil der Bevölkerung St. Vincent’s. Hinzu kommen spätere Arbeiter aus Indien und ein weißer Anteil aus den kolonialen Mutterländern, hauptsächlich aus Großbritannien.

Nach St. Vincent gelangt man von den Nachbarstaaten aus nur schwer mit der Fähre, obwohl es in nur ca. 40-50 Kilometern Entfernung von St. Lucia und Grenada liegt. Es gibt keine regulären Fährverbindungen, so dass ein innerkaribischer Flug die bessere und oft die einzige Möglichkeit ist. Der internationale Flughafen St. Vincent’s liegt an der Ostküste und man gelangt von dort in etwa 45 Minuten mit dem Bus oder Taxi in die Hauptstadt Kingstown.

Kingstown liegt im dichter besiedelten Süden der Hauptinsel St. Vincent. Der Norden wird vom noch aktiven Vulkan Soufrière geprägt, der mit über 1.200 Metern Höhe der höchste Berg St. Vincent’s ist. Sein letzter Ausbruch war 1979, dennoch sind heute Wanderungen auf den Kraterrand und sogar bis zum im Inneren des Kraters liegenden See möglich.
An den Ufern im Norden St. Vincent’s wurde übrigens auch „Fluch der Karibik“ gedreht.

Von Kingstown legt die Fähre nach Bequia ab, der größten von St. Vincent’s Grenadinen-Inseln, die nach einer etwa einstündigen Fährüberfahrt erreicht wird. Die Insel hat zwar auch einen kleinen Flughafen, der von St. Lucia oder Barbados angeflogen wird, aber die direkten Flüge sind wesentlich teurer als der Flug auf die Hauptinsel und dann die Weiterfahrt mit der Fähre.
Obwohl die Fähre nur eine Lücke von 12 Kilometern zwischen St. Vincent und Bequia überbrückt, kann es selbst bei schönem Wetter zu heftigem Seegang kommen. Immerhin bewegt man sich auf dem offenen Atlantik, und freies Stehen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren, war auf den Bequia Express Fähren, die zwischen Kingstown und Bequia pendeln, fast unmöglich.

Bequia – „Beckwä“ gesprochen, was in der Sprache der Arawak, der Ureinwohner, „Insel der Wolken“ bedeutet – hat nur etwa 5.000 Einwohner, wovon knapp 1.000 in Port Elizabeth, dem Hauptort und Hafen der Insel, leben. Hier legen die Fähren aus Kingstown an und gleichzeitig ist der Ort Hafen für zahlreiche Segelschiffe und Yachten, die von hier für einen Segeltörn durch die Inselwelt der Grenadinen ablegen oder auch nur einen Zwischenstopp bei einer Rundreise durch die Karibik einlegen.

Aber auch große Kreuzfahrtschiffe machen Halt. Anlegen können sie an dem kleinen Pier von Port Elizabeth nicht, daher gehen sie weiter draußen in der Bucht, der Admiralty Bay, vor Anker und die Touristen werden in der Regel in getakteten Schüben mit kleineren Landebooten ans Ufer gebracht.

Der sonst eher verschlafene Ort erwacht dann zu geschäftigem Leben, indem rasch viele Verkaufsstände mit Früchten, Getränken, Schmuck und anderen Souvenirs an der Promenadenstraße von Port Elizabeth aufgebaut werden. Das geht ein paar Stunden, bis das Kreuzfahrtschiff den Anker lichtet und die Bucht wieder verlässt.

Ein paar Restaurants und Bars säumen das Ufer von Port Elizabeth. Daneben gibt es einen Supermarkt, eine Tankstelle, eine Bankfiliale, ein Zollamt, ein Krankenhaus, einen Buchladen, mindestens zwei Kirchen, eine Schule, natürlich ein Geschäft für Segelbedarf und ein paar Gästehäuser und Hotels.

Bequia hat eine lange Tradition des Walfangs und des Walfangschiffbaus. Tatsächlich ist die Insel weltweit einer der wenigen Orte, in denen Walfang, wenn auch mit einer strengen Limitierung, heute noch offiziell erlaubt ist.

Dabei dürfen nur traditionelle Methoden des Walfang zu Einsatz kommen, bei denen Harpunen von Hand von offenen Segelbooten aus geworfen werden müssen. Das Walfleisch darf nur für den Eigenbedarf auf Bequia verbraucht und nicht exportiert werden. Höchstens vier Buckelwale pro Jahr dürfen gefangen werden, aber diese Zahl wird schon seit einigen Jahr nicht mehr erreicht.
Neben Bequia haben nur zwei oder drei Regionen an den Küsten der Nordpolarmeere, vor allem im Norden Sibiriens und in Alaska, dieses Walfangsonderrecht. Es muss nachgewiesen sein, dass Wale tatsächlich in der Vergangenheit die mehr oder weniger alleinige Existenzgrundlage dieser Völker gewesen und tief in ihrer kulturellen Tradition verankert sind. In den Kommissionen, welche die Verlängerung dieses Rechts alle paar Jahre bewilligen, wird dies für Bequia allerdings regelmäßig angezweifelt, da es als fragwürdig gilt, ob das Leben der Urbevölkerung von Bequia tatsächlich gänzlich vom Walfang abhängig war und er identitätsstiftende Bedeutung für sie hatte. Trotzdem fand die Verlängerung bis heute immer statt. Dem Walbestand schadet es kaum, da Bequia immer weniger von seinem Sonderrecht Gebrauch macht.

An der nordwestlichen Spitze der Admiralty Bay gelangt man zum Hamilton Fort, das bis auf ein paar Kanonen kaum mehr an eine Festung erinnert. Aber der Hügel, auf dem sie sich befindet, bietet eine schöne Aussicht über Port Elizabeth und die Admiralty Bay.

Ebenso hat man einen guten Blick über das südwestliche Ende von Bequia auf der gegenüberliegenden Seite der Admiralty Bay, wo die Insel immer schmaler wird und am Ende in ein paar Miniinseln zerfällt.

Die Hügel auf Bequia sind nicht allzu hoch, dafür aber einfach zu erreichen, so dass sich immer wieder schöne Aussichten über Port Elizabeth und die Bucht bieten.

Da die Admiralty Bay Richtung Westen liegt, ist sie auch für fantastische Sonnenuntergänge gut – im Winter, als ich dort war, über den Klippen am Südwestende der Insel, im Sommer aber direkt über der karibischen See.

Auf Bequia kann es, wie überall in der Karibik, auch einmal heftig regnen. Doch meistens ist es nur kurz und der niedergegangene Regen reicht nicht aus, um eine befriedigende Süßwasserversorgung der Insel zu gewährleisten. Im Unterschied zur Hauptinsel St. Vincent und auch zu den Nachbarn St. Lucia und Grenada sind die Berge auf Bequia für ausgiebigere Regenphasen nicht hoch genug. Die höchste Erhebung misst nur 268 Meter. Daher mahnen Hotels die Gäste meistens zur Sparsamkeit beim Wasserverbrauch.

Vom Hafen von Port Elizabeth aus führt der Belmont Walkway als schmaler Spazierweg in südlicher Richtung immer am Ufer der Admiralty Bay entlang.

Er führt zu Bequias bekanntestem Strand, dem Princess Margaret Beach. Ursprünglich hieß er Tony Gibbons Beach, aber nachdem die englische Prinzessin Margaret sich einmal entschied, hier ein Bad zu nehmen, wurde der Strand schnell umbenannt. Man scheint sich der dem Commonwealth vorstehenden Königsfamilie doch recht verbunden zu fühlen. Auch Port Elizabeth selbst ist nach der Queen Mother von Königin Elizabeth II. benannt.

Weiter südlich vom Princess Margaret Beach schließt sich durch einen Felsvorsprung getrennt der nicht minder schöne Lower Bay Beach an, benannt nach einem kleinen „Vorort“ von Port Elizabeth.

Obwohl im Februar Hochsaison ist, waren die beiden Strände ganz und gar nicht überlaufen. Vergleichsweise wenige Touristen verirren sich nach Bequia und nur die Kreuzfahrtbesucher sorgen ab und zu für kurzzeitig belebtere Strände.

Beide Strände liegen auf der karibischen Westseite der Insel, die vor dem Passat des Atlantik geschützt ist. Die umgebende Bucht sorgt zusätzlich für einen ruhigen Wellengang und verwandelt die Strände in wahre Karibik wie aus dem Bilderbuch.
(Fotos vom Februar 2019)