Das Fieschertal ist ein nördliches Seitental im Oberen Wallis. Von hier ist es zum oberen Ende des Rhonetals nicht mehr weit. Dort muss man, wenn man in Richtung Basel weiterfahren will, die Entscheidung treffen, ob man den Furka- oder den Grimselpass nehmen will.
Der schnellere Weg in Richtung Basel führt eigentlich über den Furkapass, da man über diese Route schneller auf die nächste Autobahn gelangt. Aber da ich den Furkapass schon auf dem Hinweg nach Zermatt gewählt hatte, sollte es zur Abwechslung jetzt der Grimselpass sein. Die Strecke ist nach Kilometern die kürzere, kostet aber aufgrund der viel längeren Landstraßenabschnitte deutlich mehr Zeit.

Das Ende des Tals wird durch Gletsch markiert, einen in 1759 Metern Höhe gelegenen Ort, der im Wesentlichen nur aus dem Hotel Glacier du Rhone und einigen Nebengebäuden, einer Bahnstation und einer kleinen anglikanischen Kapelle besteht.

Das Hotel wird nur in den Sommermonaten betrieben (und zurzeit in der Saison 2020/2021 wegen Renovierungsarbeiten gar nicht); ein Winterbetrieb kommt wegen der hohen Lawinengefahr in Gletsch nicht in Frage. Es hat eine sehr lange Geschichte hinter sich: Schon Ende des 19. Jahrhunderts wurde es von Sommergästen in Pferdekutschen besucht, die aus Brig oder über die Pässe kamen.

Einige Neben- und ehemalige Stallgebäude existieren noch. Teilweise dienen sie heute als Mini-Ausstellungsräume für ein Kleinwasserkraftwerk, das Mitte des 20. Jahrhundert in Betrieb war, um das Hotel mit Strom zu versorgen.

Das Hotel war einst noch durch ein zusätzliches Gebäude, die Dépendance Blaues Haus, ergänzt und bot zur Zeit der Belle Epoque 320 Gästebetten an. Das Blaue Haus ist heute ein kleines Museum zur Geschichte des Ortes und des Rhonegletschers und dient teilweise noch als Saisonunterkunft für die Mitarbeiter der Dampfbahn Furka-Bergstrecke.

Die Dampfbahn Furka-Bergstrecke hat nur noch eine nostalgische Funktion. Der Furkapass wird heute durch den Furka-Basistunnel – der ein Teil der Strecke des berühmten Glacier-Express ist – unterquert, über den heute der wesentliche Bahnverkehr zwischen Andermatt in der Gotthard-Region und Brig im Wallis abläuft.

Die Furka-Bergstrecke überwindet etwa 18 Kilometer. Eingesetzt werden Dampflokomotiven als Triebwagen, die zum Teil über 100 Jahre alt sind. Der Betrieb wird im Wesentlichen durch in verschiedenen Vereinen organisierte Freiwillige und Eisenbahnliebhaber sichergestellt.

Direkt am Bahnhof vorbei fließt die von vielen bunten Blumen gesäumte Rhone.



Die Rhone – im Wallis auch Rotten genannt – beginnt am Rhone-Gletscher, dessen Gletscherzunge oberhalb des Tals von Gletsch liegt.

Vor noch etwa 100 Jahren reichte die Gletscherzunge weit ins Tal bis kurz vor den Ortseingang von Gletsch hinein, was dem Ort offensichtlich seinen Namen verliehen hat.

Am Rande des Ortes liegt die schlichte Kapelle Niklaus von Flüe, die – etwas kurioserweise für ihre Lage mitten in der Schweiz – im Auftrag der anglikanischen Kirche erbaut wurde.

Gletsch ist ein Verkehrsknotenpunkt. Hier verzweigen Furkapass in die östliche, Grimselpass in die nördliche und die Straße ins Rhonetal der westlichen Schweiz. Die Pässe sind nur im Sommer geöffnet; im Winter ist die Gefährdung durch Lawinen an den steilen Berghängen, an denen die beiden Passstraßen in vielen Kehren hinaufklettern, zu hoch.

Vom Grimselpass aus ist die Gletscherzunge des Rhonegletschers zu sehen – noch zumindest. In ein paar Jahren mag es anders aussehen.

Auf der Grimselpasshöhe befindet sich der Totensee, ein Stausee, dessen Wasser früher für das Wasserkleinkraftwerk in Gletsch genutzt wurde. Heute erhält Gletsch seinen Strom direkt von einem anderen Kraftwerk.

Auf der Grimselpasshöhe liegt die europäische Wasserscheide zwischen Nordsee und Mittelmeer. Sie markiert die Linie, von der aus alle nördlich entspringenden Gewässer in den Rhein und alle südlich entspringenden Gewässer in die Rhone fließen.

Nördlich des Passes führt die Straße an zwei Stauseen vorbei, dem Grimselsee sowie dem etwas tiefer gelegenen Räterichsbodensee. Beide Seen dienen neben weiteren Seen in der Nähe der Stromerzeugung in mehreren Wasserkraftwerken in und um Innertkirchen.

Für den Grimselsee ist eine Vergrößerung und damit Anhebung des Wasserspiegels um 23 Meter und Erhöhung des Wasservolumens um 75% geplant, da der See das Schmelzwasser der Gletscher der Berner Alpen nicht mehr aufnehmen kann.

Oberhalb des Grimselpasses in den Berner Alpen – am Oberaar- und Unteraargletscher – entspringt die Aare, der längste Flusses, der komplett innerhalb der Schweiz liegt. Er mündet in den Rhein und ist dessen wasserreichster Nebenfluss, noch vor Maas, Mosel und Main. Die Aare führt dem Rhein mehr Wasser zu als sogar der Hochrhein selbst. Was das Wasservolumen angeht, ist gewissermaßen die Aare der eigentliche Quellfluss des Rhein.

Die Aare fließt hinab durch das Tal, durch das auch die Grimselpassstraße in Richtung Norden verläuft. Bei Innertkirchen fließt die Aare dann Richtung Westen weiter, durch den Brienzer und den Thuner See und später durch Bern.

Der Weg nach Basel führt nördlich über den Brünigpass, vorbei am Lungerer See und über den Vierwaldstätter See und Luzern.

(Fotos vom August 2019)