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Barbados – An einem Tag

Einmal in den Inselnorden und zurück

Der Wechsel von St. Vincent nach Barbados ist ein Kontrastprogramm. Es ist ein kurzer Flug von weniger als einer Stunde, aber die Betriebsamkeit an den beiden Flughäfen könnte unterschiedlicher nicht sein. Obwohl die beiden Inseln eine ähnliche Größe haben, hat Barbados einen großen Flughafen, der aus einigen Ländern Europas und aus den USA und Kanada mehrfach pro Woche direkt angeflogen wird, aus London sogar täglich.

Der Eindruck einer weit geschäftigeren Insel setzte sich dann bei der Fahrt mit dem Mietwagen zum Hotel fort. Eine vierspurige, autobahnähnliche Straße führt vom Flughafen in die Hauptstadt Bridgetown und in die Orte südlich der Stadt. Die auf Grenada, St. Lucia und Bequia gut funktionierende Praxis, beim Suchen des richtigen Weges einfach mehr oder weniger mitten auf der Straße anzuhalten und den Nächstbesten zu fragen, war hier nicht mehr so einfach möglich, zu dicht ist der Autoverkehr dafür.

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Dover Beach im Süden von Barbados

Die Tatsache, dass ich mich dann auch noch im Dunkeln verfahren hatte, machte die Fahrt noch schwieriger, und ich war heilfroh, als ich endlich ankam und das Auto abstellen konnte. Am nächsten Morgen war der Stress angesichts der Aussicht von der kleinen Frühstücksterrasse verflogen.

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Dover Beach

Barbados, das seiner ausgeprägten britischen kolonialen Traditionen wegen manchmal „Klein-England“ genannt wird, aber heute zunehmend unter amerikanischem Einfluss steht, ist ökonomisch und touristisch deutlich weiter entwickelt als die anderen drei Inseln, die ich zuvor besucht hatte. Das betrifft die Fülle an Hotels, Ferienbungalows und anderen Unterkünften, die sich dicht an dicht die ganze Süd- und Westküste aneinanderreihen, Restaurants und Bars aller Art, das Nachtleben, ein sehr gut ausgebautes Busverkehrsnetz, und mehr.

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Strand an der Westküste zwischen Holetown und Speightstown in Richtung Norden

Das alles kommt nicht ohne seinen Preis: Obwohl es nirgendwo in der Ostkaribik günstig ist, ist Barbados noch einmal eine Stufe teurer als die anderen Inseln. Angesichts der Hoteldichte und der Auslastung der Restaurants ist es offensichtlich, dass man sich die hohen Preise erlauben kann. Der Gast kommt nach Barbados – der bequemen Infrastruktur und zuallererst und vor allem der Strände wegen. Denn Hand aufs Herz, die Strände und die karibische See vor Barbados‘ Küste laufen den anderen Inseln eindeutig den Rang ab.

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Der gleiche Strand in Richtung Süden

Wie eine Perlenkette reiht sich ein schöner Strand nach dem anderen die Süd- und vor allem die Westküste entlang, die ihres grün-silbrigen Wassers, und wohl auch der Preise ihrer Hotels wegen die „Platinküste“ genannt wird. Fast alle Hotels sind hier angesiedelt. Es gibt zwar hier und da nicht minder schöne Strände auf den anderen Inseln – wie zum Beispiel den Grand Anse Beach auf Grenada – aber auf Barbados hat man zehn davon und die Qual der Wahl.

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Strand in Speightstown

Man muss nur wissen, wie man zu ihnen kommt. Wie überall in der Karibik steht die Benutzung eines Strandes jedem frei; kein Hotel kann einen Strand als seinen eigenen beanspruchen. Aber faktisch ist die Küstenlinie so dicht bebaut, dass man oft nicht weiß, wie man an die Strände eigentlich herankommt, wenn man nicht gerade Gast eines der Strandhotels ist. Im Zweifelsfall gibt es nur den Seeweg oder einen längeren Strandspaziergang, der einen zum Strand seiner Wahl führt.

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In Speightstown

Im Unterschied zu Grenada, St. Lucia und St. Vincent sieht man auf Barbados kaum Geländefahrzeuge, denn die Topographie des Landes unterscheidet sich deutlich von der der anderen Inseln. Die Insel ist nicht vulkanischen Ursprungs, sondern stattdessen durch die Aufwölbung von Sedimenten entstanden, die sich vom Zusammentreffen zweier Erdplatten gehoben haben. Die Sedimente bestehen zu einem großen Teil aus ehemaligen Korallen und Korallenriffen. Die höchste Erhebung von Barbados ist nur 340 Meter hoch, und die Geographie ist mehr von Flachland und gemächlich ansteigenden Hügeln im Inneren der Insel als von schroffen vulkanischen Bergen geprägt, wie es zum Beispiel auf St. Vincent und St. Lucia der Fall ist.

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An der Nordspitze von Barbados

Barbados ist von allen karibischen Inseln die östlichste und damit diejenige, die am weitesten draußen im offenen Atlantik liegt. Nirgendwo sonst auf den ostkaribischen Inseln ist der Kontrast zwischen der der karibischen See zugewandten Westküste und der atlantischen Ostküste so ausgeprägt wie auf Barbados. Traumstrände in einer ruhigen türkis-blauen Badewanne auf der einen Seite, Klippen und eine ewig stürmische und raue dunkelblaue See, als wäre man im Norden Schottlands, auf der anderen Seite.

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Insbesondere die Nordostspitze von Barbados sieht aus wie eine felsige Mondlandschaft. Keine Palme und kein Strauch hält sich hier im permanenten Wind des Nordostpassats. Schwimmen an den Klippen der Küstenlinie wäre Selbstmord, obwohl es nur wenige Kilometer vom türkis-blauen Meer der Karibikküste entfernt ist.

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Eine besondere Attraktion an der Nordküste von Barbados ist die Animal Flower Cave, eine in Hunderttausenden von Jahren geformte Höhle im Gestein der Klippen.

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Zugang zur Animal Flower Cave

Eine aus Korallensedimenten geformte Treppe führt vom Plateau der äußersten Klippe im Norden etwa 10 Meter tief in den Fels.

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Ende der Zugangstreppe in der Höhle

Auch der Boden und die Wände sind aus Korallengestein aus zwei verschiedenen Zeitaltern gebildet, wobei der Boden mit einem Alter von fast einer halben Million Jahre der ältere Teil ist. Ursprünglich lag die Höhle unter der Wasseroberfläche und ist dort entstanden, aber durch die immer noch anhaltenden Prozesse der Anhebung von ganz Barbados wurde sie langsam aus dem Wasser gehoben und befindet sich jetzt vielleicht 10 oder 20 Meter über dem Wasserspiegel des Atlantik.

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In der Animal Flower Cave

Am Ende der Treppe, wenn das Innere der Höhle erreicht ist, ist es keinesfalls dunkel. Denn die Höhle ist mit mehreren Löchern, die Licht hinein lassen und eine spektakuläre Aussicht über das Meer bieten, in Richtung Atlantik offen.

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Manchmal wird die Höhle bei schwerer See durch diese Öffnungen überflutet und der Treppendurchgang nach oben wirkt wie das Luftloch eines Wals, durch welches das Wasser mit dem Wellengang in einer Fontäne nach oben gepresst wird.

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In einem Höhlenteil ist ein kleiner See vor einer der Öffnungen nach außen. Er sieht sehr flach aus, aber man sagt, das klare Wasser und die Spiegelungen darin täuschen eine geringe Tiefe nur vor und tatsächlich ist der See tief genug, um darin zu schwimmen.

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Animal Flower ist ein auf Barbados gebräuchlicher Name für Seeanemonen, die man als recht kleine Exemplare tatsächlich durch das klare Wasser auf dem Boden der Tümpel sehen kann. Seeanemonen sehen wie Blumen aus, sind aber Tiere, die sich am Fels festheften und nur manchmal bewegen. Viele von ihnen haben Nesseln, mit deren Gift sie neugierige vorbeischwimmende Fische lähmen können.

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Auf dem Boden der Höhle zu gehen, ist mit häufigem Stolpern verbunden, da die ursprünglich wohl einmal glatte Sedimentgesteinoberfläche im Laufe der Jahrtausende durch lose Korallenbrocken und die Bewegung des Meeres in eine grobe wellenförmige Oberfläche geschliffen wurde.

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Es war Zeit für die Rückfahrt. Die Animal Flower Cave ist im äußersten Norden der Insel, der Flughafen, zu dem ich nun für den Heimflug zurückkehren musste, ist ganz im Süden.

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Aussicht über die Ostküste von Barbados (in der Nähe der St. Nicholas Abbey)

Da die Hinfahrt zur Nordspitze an der Westküste entlang verlief, nahm ich diesmal den Weg zurück über die Ostküste – jedenfalls die nördliche Hälfte der Ostküste. Für den zweiten Teil musste ich mich beeilen und einen kürzeren Weg durch die Inselmitte und schließlich den „Highway“ zum Flughafen nehmen.

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Bei Bathseba, einem der wenigen und dem größten Ort an der Ostküste, passiert man ein paar Felsformationen, die einen der besten Surf-Spots der Karibik, manche sagen sogar weltweit, markieren: „The Soup Bowl“. Die Wellen rollen hier oft weitaus gewaltiger über die 3000 hinter ihnen liegenden Kilometer offenen Atlantiks herein als es an diesem Tag der Fall war.

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Kalksteinfelsen bei Bathseba am Surf-Spot „The Soup Bowl“

Das war mein letzter Stopp auf Barbados und der ganzen Karibikreise vor der Rückkehr zum Flughafen und dem Heimflug am späteren Abend. An einem Tag vom Süden in den Norden und wieder vom Norden in den Süden zu fahren und dabei möglichst viel zu sehen, vermittelt zwar einen Eindruck, wird aber der Insel nicht gerecht. Es gibt dort mehr zu sehen. Aber es ist ein guter Weg, die Zeit vom Rauswurf aus dem Hotel bis zu einem Abendflug zu überbrücken.

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Einzelner Kalksteinfindling an der Ostküste von Barbados. Oben eine Bank mit Aussicht in Richtung Europa… ungefähr.

(Fotos vom Februar 2019)

 

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Inselhopping Ostkaribik

Eindrücke aus vier Inselstaaten

„Wieso gerade Ostkaribik?“, wurde ich ein paar Mal gefragt. „Eigentlich wollte ich auf die Seychellen, bin aber ins falsche Flugzeug gestiegen“, war dann meistens meine Antwort.

Stimmt natürlich nicht; angesichts heutiger Sicherheitsvorkehrungen an Flughäfen würde es einige kriminelle Raffinesse erfordern, wollte man erfolgreich ins falsche Flugzeug steigen. Genaugenommen stimmt die Antwort nur zur Hälfte. Es gab tatsächlich einen primären Plan, auf die Seychellen zu reisen, aber diverse Hinweise auf schwüles Klima, mehr Regen und Schwemmen von Seegras in der Winterzeit haben mir den Plan leicht madig gemacht, oder ihn zumindest als suboptimal einstufen lassen. Die Sommermonate gelten gemeinhin als angenehmere Reisezeit für die Seychellen, wie ich dann erfahren haben. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Da ich aber bei einigermaßen tropischen Inseln bleiben wollte, musste eine vergleichbare Alternative her. Der Winter ist die ideale Jahreszeit für die Karibik im Ganzen; es ist dann trockener als in den Sommermonaten und die Bedrohung durch Hurrikans, deren atlantische Brutstätten praktisch direkt vor der Tür liegen, und kleinere Stürme ist deutlich geringer. Von den vielen Optionen, die sich in der Karibik auftun, sind die Inseln der Kleinen Antillen am ehesten für ein Inselhopping, wie ich es auch für die Seychellen vorgesehen hatte, geeignet.

Die Details waren dann mehr eine Frage des Zufalls und insbesondere der Planung der An- und Rückreise und geeigneter Verbindungen zwischen den Inseln. Wenn man nicht gerade mit dem eigenen Boot unterwegs ist, sind Flüge hierbei die einzige einigermaßen flexible Option. Überraschenderweise ist es mit Fährverbindungen zwischen den Inseln erstaunlich schlecht bestellt.

Damit die ganze Reise auch hinreichend kompliziert und mühselig wird, fiel die Wahl also auf vier etwa 13.000 Kilometer von den Seychellen entfernte Inseln, die im südöstlichen Teil der Karibik liegen – Grenada, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, und Barbados.

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Karibik

Diese Inseln gehören zu den sogenannten „Windward Islands“ (etwa Martinique bis Grenada), die zusammen mit den weiter nördlich gelegenen „Leeward Islands“ (etwa Anguilla bis Dominica) wiederum Teil der „Inseln über dem Winde“ sind, die sich von den im Wesentlichen aus Aruba, Bonaire und Curaçao bestehenden „Inseln unter dem Winde“ („Leeward Antilles“) abgrenzen, die sich ein gutes Stück weiter westlich über der Nordküste Venezuelas befinden. Nimmt man noch das am südlichsten gelegene Trinidad und Tobago hinzu, so sind die „Kleinen Antillen“ komplett. Den Rest der Karibik machen die „Großen Antillen“ (mit Kuba, Jamaica, Haiti und der Dominikanischen Republik sowie Puerto Rico), die Bahamas und die Turks- und Caicosinseln aus.

Dieses ganze karibische Inselgebilde nennt man absurderweise auch „Westindische Inseln“ („West Indies“), zum einen, weil Christopher Columbus damals auf der Suche nach dem Westweg nach Indien war und glaubte, Inseln vor der Küste Indiens gefunden zu haben, zum anderen, weil sich die Karibik bald nach ihrer Entdeckung zu einem Handelsarchipel für Europa, insbesondere Großbritannien, entwickelte, der sich in entgegengesetzter Richtung zu den schon früher bekannten Ostindischen Inseln (Indonesien, Philippinen, Malaysia, etc.) befand. Er war sozusagen das geographische Inselspiegelbild, das die imperialistische Weltkarte komplettierte. Es gibt heute noch viele traditionelle Institutionen, z.B. karibische Universitäten, die den Begriff „West Indies“ in sich tragen, aber bei den heutigen Einheimischen ist der Zusatz „Caribbean“ entschieden beliebter, verbindet man doch mit „Westindien“ zu viel koloniale Vergangenheit.

Den Namen der einzelnen Teilregionen der Kleinen Antillen kann man schon entnehmen, dass sich hier viel um den Wind, und zwar vor allem den Nordostpassat dreht.

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Globale Windsysteme, der Nordostpassat in gelb

Diesem ständig wehenden Wind sind die östlichen Inseln der Karibik, die „Inseln über dem Winde“, in besonderem Maße ausgesetzt, allen voran der östlichste Vorposten Barbados, an dessen Nordostspitze dieser Wind und seine Wirkung auf die wilde Brandung gegen die Küste unmittelbar greifbar wird. Der Nordostpassat bringt auch viel über dem Atlantik aufgenommene Feuchtigkeit mit, die im Inneren der Inseln oft für viel Regen und tropische Vegetation sorgt. Für die landwirtschaftliche Produktion ist er ein Segen. Die viel weiter westlich gelegenen „Inseln unter dem Winde“ werden weit mehr von den Passatwinden verschont, sind aber daher auch viel trockener.

Der ewige Nordostpassat hat den Küsten aller Inseln der Kleinen Antillen seinen unverwechselbaren Stempel aufgedrückt; sie haben alle eine windige, raue, oft aus felsigen Klippen bestehende Ostküste, gegen die unentwegt die Brandung rollt und die außerhalb schützender Buchten zum Baden und Tauchen ungeeignet und oft zu gefährlich ist, und eine ruhigere, sanfte, mit Sandstränden gesegnete Westküste, die im Windschatten der Insel liegt. Oft nennt man die Ostküste die atlantische Seite und die Westküste die karibische Seite.

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Grenada

Bei den vier Inseln handelt es sich um vier unabhängige Staaten, was die Komplikation mit sich bringt, dass die teilweise nur 30 Minuten dauernden Flüge zwischen ihnen internationale Flüge sind, die jeweils von einem lästigen Prozess der Immigration, Emigration, Zolldeklaration und Zollkontrolle begleitet sind. Glücklicherweise ist die Gestaltung des Immigrationsformulars überall ähnlich, so dass man schnell Übung im Ausfüllen desselben gewinnt.

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St. Lucia

Grenada, St. Lucia und St. Vincent haben auch die gleiche Währung, den Ostkaribischen Dollar, was die Währungstauscherei deutlich reduziert. Nur Barbados hat mit dem Barbados-Dollar eine eigene Währung, akzeptiert aber, wie auch die anderen drei Inseln, praktisch überall US-Dollar. Die Landeswährungen sind mit einem Festkurs an den US-Dollar gebunden, d.h. der Kurs gegenüber dem US-Dollar schwankt nie, aber gegen den Euro schon, eben im gleichen Maße wie der Kurs zwischen US-Dollar und Euro. Bettler sind finanzwirtschaftlich am besten bewandert und akzeptieren jegliche Währung. Als ich einmal 2 ostkaribische Dollar aus dem Portemonnaie hervorkramte, kam sofort bei einem nur flüchtigen Blick in die Börse der begeisterte Ruf „Give me the 2 Euro coin!“ (was mehr als das dreifache ist, wie der Schalk gewiss wusste)

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St. Vincent and the Grenadines

Historisch haben alle vier Länder eine grob vergleichbare Vergangenheit. Die Inseln wurden vermutlich von Columbus – aus europäischer Sicht – zuerst entdeckt, konnten aber nicht wirklich das Interesse der spanischen Krone wecken. Man war mehr auf das Gold des südamerikanischen Kontinents aus. Deshalb sind die spanischen Einflüsse sehr gering und Spanisch ist trotz der Nähe zu Südamerika auf den Kleinen Antillen eine Fremdsprache, die man evtl. in der Schule, autodidaktisch oder gar nicht lernt. Die Inseln gerieten dann schnell in den Strudel anderer europäischer Seemächte, allen voran Großbritannien, Frankreich und die Niederlande. Auf den vier Inseln, die ich besucht habe, waren es hauptsächlich Großbritannien und Frankreich, die sich über Jahrhunderte um den Besitz gestritten und dort Schlachten ausgefochten haben. Beide haben den Inseln mehr oder weniger in Ortsnamen, Sprache und Gebräuchen ihren Stempel aufgedrückt.

FlagBarbados
Barbados

Heute sind die Staaten unabhängig, gehören aber alle zum britischen Commonwealth. Man fährt links und die offizielle Landessprache ist überall englisch, das aber im Alltag unter den Einheimischen durch Patois, einer mit dem Kreolischen verwandten Mischung aus afrikanischen Sprachen, englisch und französisch ergänzt wird – mehr französisch geprägt auf St. Lucia, mit eher englischem Schwerpunkt auf den anderen drei Inseln. War die Ökonomie in der Vergangenheit noch von der Landwirtschaft mit Kaffee, Gewürzen, Zucker und Bananen getrieben, so ist sie heute vom Tourismus dominiert. Die Gäste sind der kolonialen Geschichte entsprechend zum ganz überwiegendem Teil englischer oder amerikanischer Herkunft. Als deutscher Tourist ist man ein wenig ein Exot, insbesondere wenn man eine Unterkunft auf den Inseln hat – aber das macht die Leute oft neugieriger als die viel häufigere Begegnung mit dem allgegenwärtigen Gast aus England. Eine Unterkunft zu haben, ist nicht selbstverständlich, da ein großer Teil aller Besucher heutzutage von Kreuzfahrtschiffen aus über die Inseln herfällt, sie morgens heuschreckenartig aufsucht und abends wieder verlässt. Man ist trotzdem deswegen nicht negativ gestimmt, denn diese Tagesbesucher sind ein ernster Wirtschaftsfaktor, von dem so mancher Einheimische lebt, eher als vom Pauschalresorttouristen, dessen Geld in die Taschen großer Hotels und Hotelketten fließt, die sich in ausländischer, meistens amerikanischer, Hand befinden.

Geht man durch die Ortschaften und Dörfer auf den Inseln, so mag man sich leicht inmitten einer afrikanischen Bevölkerung wiederfinden. Das ist nicht nur ein Vergleich, tatsächlich sind die Menschen zu etwa 90% oder mehr ihrer Herkunft vor Generationen nach Afrikaner. Zurückzuführen ist das auf das dunkelste Kapitel der an sich schon dunklen Kolonialgeschichte, den Sklavenhandel, der ein Teil des sogenannten Atlantischen Dreieckshandels war.

AtlantischerDreieckshandel
Quelle: Aus Politik und Zeitgeschichte „Sklaverei“, www.unesco.org „The Slave Route“, Lizenz: Creative Commons by-nc-nd/3.0/de, Bundeszentrale für politische Bildung, 2016, www.bpb.de

Dabei wurden Sklaven von den westafrikanischen Kolonialgebieten in die Karibik und nach Nordamerika verschleppt, dort zur Arbeit auf den Feldern gezwungen, die Früchte ihrer Arbeit wurden ihnen weggenommen und nach Europa verschifft, wo sie verkauft und in andere Waren umgewandelt wurden. Diese Produkte gingen wiederum in die westafrikanischen Kolonien zum Ankauf neuer Sklaven – und der Kreislauf begann von Neuem. (Der von Ost nach West wehende Passat, die nördlicheren von West nach Ost gerichteten Winde und der Golfstrom waren dabei übrigens ideale Unterstützer für diesen Kreislauf der Segelschiffe und machten den Transport schnell und relativ einfach.) Der Brutalität auf den Transportschiffen und den Härten der Feldarbeit sind Zig-Millionen zum Opfer gefallen.

Häufig fallen übrigens auch Menschen anscheinend indischer Herkunft auf den Inseln auf. Deren Vorfahren wurden nach dem Verbot der Sklaverei Mitte des 19. Jahrhunderts als Arbeiter auf den Plantagen angeheuert und haben sich dort für immer niedergelassen.

So befremdend das Gefühl von Nationalstolz für mich ist, kann man vielleicht aufgrund dieser Geschichte verstehen, warum man es mit der Unabhängigkeit, der eigenen selbstbestimmten Nation und ihren rechtlichen Spielregeln in diesen Kleinstaaten so ernst nimmt. Die Immigatrionsbeamtin auf Grenada hat mit finsterster Miene und so spannungsaufbauender Langsamkeit alle Details meines Reisepasses studiert, bevor sie ihn mit all ihrem amtlichen Gewicht mit den notwendigen Einreisestempeln versehen hat, dass ich beinahe schlottrige Knie bekam – ich musste erst einmal prüfen, ob es nicht ein „Immigration Rejected!“-Stempel war -, und dann setzte der Zollbeamte mit einem Kreuzverhör, bei dem ich die ganze Zeit das Gefühl hatte, er wolle mich in Widersprüche verwickeln, noch einen drauf. Alle Achtung! Ein Wort wie „Bananenrepublik“ würde ich hier auf keinen Fall über die Lippen zu bringen wagen!

Ja, Grenada war der Startpunkt der Reise, danach folgte St. Lucia, dann Bequia, eine Insel, die zu St. Vincent und den Grenadinen gehört, und zum Abschluss Barbados.

OstKaribikPlan
Reiseroute zwischen den Inseln

Auf den Inseln hatte ich teilweise mehrere Unterkünfte, acht insgesamt in zweieinhalb Wochen, zwischen denen es größtenteils mit einem Mietwagen hin- und herging, manchmal mit dem Taxi. Die Verbindung zwischen der Hauptinsel von St. Vincent und Bequia ist eine etwa einstündige Fährüberfahrt. Die Flugverbindungslücke auf St. Lucia erklärt sich dadurch, dass die Insel zwei Flughäfen hat und ich sie auf dem südlichen Flughafen betreten und auf dem nördlichen wieder verlassen habe.

Eine Menge Fotos sind entstanden, aber davon dann mehr in den folgenden Blogposts.