Der letzte Tag sollte noch einmal ins Inselinnere und von dort an die Nordostküste von Rhodos führen.
Platánia
Auf dem Weg von der Ostküste nach Platánia hat man weite Ausblicke ins Innere von Rhodos und kann stellenweise die beiden ausgedehnteren Gebirgsbereiche der Insel gleichzeitig sehen – links den kahlen Attáviros, rechts den niedrigeren bewaldeten Profítis Ilías.
Im am grünen Berghang unterhalb des Profítis Ilías gelegenen Platánia war es zur späten Vormittagsstunde recht ruhig – und man hat den Verdacht, dass es sich zu anderen Tageszeiten nicht anders verhält.
Das hält die Einwohner aber nicht davon ab, die lokalen Produkte in ihren kleinen Geschäften auffällig und in vielen Sprachen anzupreisen.
Auch ein völlig überdimensionierter Parkplatz für Kolonnen von Bussen, die wahrscheinlich nie kommen, ist vorgesehen. Die einzigen Fahrzeuge, die auffielen, waren mehrere Militärfahrzeuge, die ohne besondere Eile auf der Durchgangsstraße durch den Ort fuhren, da sich in der Nähe des Dorfes eine Kaserne befindet.
Unterhalb des Profítis Ilías ging es dann weiter Richtung Norden zum nächsten Dorf.
Éleousa
Allerdings habe ich von diesem Dorf – Éleousa – eigentlich nur die zentrale Piazza gesehen – aber die ist äußerst eigentümlich.
Wenn man von Platánia kommt, sticht zunächst eine auffallend große Kirche ins Auge. Im Vergleich zu den üblichen kleinen Kapellen und Kirchen in den Dörfern von Rhodos ist dieser Koloss tatsächlich ein Ausreißer.
Sofort dahinter findet man sich auf einem Platz wieder, an dem links und rechts jeweils eine Einbahnstraße vorbeiführt und der an allen Ecken mit Wegweisern für den Autoverkehr gespickt ist. In der Tat ist Éleousa ein Knotenpunkt, an dem mehrere Straßen sich kreuzen, die in alle Richtungen der Insel weiterführen. Trotzdem herrscht so wenig Autoverkehr, dass es auf dem Platz, vom Gurren einiger Tauben abgesehen, meistens still ist und nur wenige Touristen gelegentlich Halt machen.
Entstanden ist diese „Piazza“ und seine sie umgebenden Gebäude im Jahre 1943 während der italienischen Besatzungszeit auf Rhodos. Der Palast des Gouverneurs, der an einem Kopfende des Platzes gegenüber der Kirche steht, und eine durchgehende Reihe von Nebengebäuden mit einem Arkadengang, die an einer Längsseite stehen, sind heute leer und von langsamem Verfall heimgesucht. An der anderen Seite ist eine Schule, die auch tatsächlich noch genutzt wird.
Die Gegend um Èleousa ist von vielen Gebäuden aus der Kolonialzeit der Italiener geprägt, die sich das Dorf als eine Art Musterkolonie ausgesucht haben. Nicht alle sind so verfallen wie die Gebäude an der Piazza.
Nur ein Stück entfernt haben die Italiener damals ein großes Bassin gebaut, das an heißeren Tagen von den Jugendlichen des Dorfes als Schwimmbecken genutzt wird.
Das Becken wurde mit EU-Mitteln restauriert und wird als Lebensraum für den Gizani-Fisch genutzt, einer kleinen endemischen, also ausschließlich auf Rhodos vorkommenden Karpfenart, die vom Aussterben bedroht ist.
Ágios Nikólaos Fountoúkli
Von Éleousa aus führt eine asphaltierte Straße auf den Profítis Ilías. Auf halber Strecke fällt eine alte byzantinische Kirche auf, die an der Straße in einem kleinen umzäunten Garten mit einem Feigenbaum liegt.
Die Kirche wurde vor etwa 500 Jahren erbaut und von einem wohhabenden Verwaltungsbeamten der byzantinischen Kirche gestiftet. Sie ist ein Andenken an seine drei früh verstorbenen Kinder.
Das Innere ist üppig mit Fresken ausgemalt, die auch an sein Leben und das seiner Kinder erinnern. Leider sind die Gemälde mittlerweile sehr verblasst und stellenweise beschädigt, so dass es mühsam ist, etwas deutlich zu erkennen.
Profítis Ilías
Die waldreiche geradezu schwarzwaldartige Landschaft rund um die Gipfelregion des Profítis Ilías ist ein Ergebnis von Aufforstungsarbeiten, welche die Italiener während der Kolonialzeit vorgenommen haben. Zwei Hotels, die eher im Alpenstil gehalten sind und an einen Luftkurort in den Bergen erinnern, sind ebenfalls damals entstanden. Man muss in den Hof der kleinen Kirche gehen, um daran erinnert zu werden, dass man sich eigentlich in Griechenland befindet.
Von einem der Hotels aus hat man, zumindest in den oberen Zimmern, sicherlich eine fantastische Aussicht, befindet man sich doch dort über den Baumwipfeln. Ansonsten ist der Gipfel so dicht von Bäumen umstanden, dass es kaum Lücken gibt, durch die man in die Ferne blicken kann. Man muss ein wenig weiter fahren, um eine bessere Sicht zu haben. Von oben hat man auch eine gute Sicht auf den Gadoura-Stausee, der den ganzen Inselnorden mit Trinkwasser versorgt.
Leider habe ich erst im Nachhinein erfahren, dass sich ganz in der Nähe der Hotels auf dem Gipfel ein „Geisterhaus“ im Wald befindet, die Villa de Vecchi, die in den 30er Jahren als Residenz des italienischen Gouverneurs der Dodekanes diente. Heute ist sie ungenutzt und der Verkauf des Geländes mit Hoffnung auf Restauration ist bis heute nicht gelungen. Vielleicht muss man hoffen, dass er auch nie gelingt, denn die Schönheit des Verfalls hat ihren ganz eigenen Reiz.
Kallithéa und Faliráki
Über Archípoli und Psínthos fuhr ich dann an die Nordostküste nach Kallithéa.
Die Nordostküste ist die mit touristischer Infrastruktur am weitesten ausgebaute Region auf Rhodos. Die meisten Unterkünfte befinden sich hier. Hier herrscht weit mehr Autoverkehr und Betriebsamkeit; vor der eigentlich sehenswerten Therme von Kallithéa gab es ein ständiges Kommen und Gehen von Besuchern des zur italienischen Kolonialzeit restaurierten Heilbads.
Ein Stück weiter südlich schließt sind Faliráki an und hier sind Strände noch dichter mit Betonhotels gepflastert. Vergnügungsmeilen aus Shops, Bars und Burger-Restaurants, die überall sein könnten, sind auf den Billigtourismus zugeschnitten, der den Ort terrorisiert. So mancher Einheimischer, der vom Tourismus lebt, möchte am liebsten alles mit dem Bulldozer dem Erdboden gleich machen und von vorne anfangen.
Es wird gesagt, dass die Etablissements in Faliráki für englische Touristen das seien, was der Ballermann auf Mallorca für deutsche Touristen ist. Aber es heißt auch, dass der Massentourismus in Faliráki langsam seiner selbst überdrüssig ist, sich mittlerweile hochwertigere Hotels angesiedelt haben und es im Vergleich zu früheren Jahren ruhiger im Ort geworden ist.
Schön sah es jedenfalls immer noch nicht aus, also schnell weiter!
Tsambiká Beach
Die noch weiter südlich an der Ostküste gelegene Tsambiká-Bucht gilt als die schönste Bucht zum Baden auf Rhodos.
Der Strand war ziemlich gut besucht und auch die halbwilden Ziegen, die an der Straße zum Strand herumlungern, haben wohl herausgefunden, dass es hier manchmal etwas abzustauben gibt.
Allerdings, was schöne Buchten angeht, so läuft Karpathos für mich Rhodos klar den Rang ab.
Vorbei an Archángelos, dem zweitgrößten Ort auf Rhodos, ging es dann zurück ins Hotel.
Das war der letzte Tag auf Rhodos und am nächsten Morgen machte ich mich auf den Heimflug nach Hause.