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St. Lucia – Balenbouche Estate

Ein historisches Anwesen und ein Lost Place

Von Soufrière aus führt die Westküstenstraße durch die gebirgige Landschaft der Pitons in Richtung Süden, bevor das Gelände langsam flacher wird und in die Ebene von St. Lucia’s Süden übergeht.

Auf halbem Weg nach Vieux Fort trifft man auf das riesige Anwesen des Balenbouche Estate, einer ehemaligen Zuckerplantage, die zum kulturellen Erbe der Insel gehört.

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Plantagenhaus des Balenbouche Estate

Das Anwesen ist seit Jahrzehnten von der aus Deutschland stammenden Familie Lawaetz bewohnt, auch wenn es schon lange keinen Betrieb als Zuckerplantage mehr gibt.

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Das ganze weitläufige Gelände zusammen mit dem bewohnten Haupthaus der Plantage kann gegen eine geringe Gebühr heute besichtigt werden, und die Besitzer führen, wenn sie Zeit haben, persönlich durch die Geschichte des Anwesens.

Frau Lawaetz, die ich zufällig an einer Bushaltestelle in der Nähe der Zufahrt zum Balenbouche Estate getroffen hatte und mit der ich zusammen zum Plantagenhaus gefahren war, gab mir einen kurzen historischen Überblick über das Haus und ließ mich dann mit einem ihrer Hunde über das Gelände des Anwesens ziehen.

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Im Garten des Balenbouche Estate

Das Pantagenhaus liegt in einem großen tropischen Garten, der mit einigen Wiesenarealen um das Haus aufgelockert ist.

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Überall verstreut findet man Überbleibsel aus der Zeit des Anwesens als Plantage, kleine Stücke bis hin zu Scheunen, die noch auf dem Gelände stehen.

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Die Scheunen werden noch für verschiedene Zwecke genutzt. In einer befindet sich zum Beispiel ein Meditationsraum, der für Touristen, die im Balenbouche Estate untergekommen sind, benutzt wird.

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Mehrere Hütten auf dem Gelände sind renoviert und zu komfortablen Unterkünften ausgebaut worden, die heute an Gäste der Insel vermietet werden. Damit erwirtschaftet das Balenbouche Estate einen großen Teil der Einnahmen, die für seine aufwändige Instandhaltung nötig sind.

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Das größte Highlight auf dem Gelände des Anwesens sind die Ruinen der alten Zuckermühle, die sich in der Nähe des Plantagenhauses inmitten eines wild wuchernden Stück Urwalds befinden, der auf einem schmalen Pfad durchschritten werden kann.

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Verlassene Zuckerrohrmühle und Destillerie auf dem Balenbouche Estate

Wie bei einem uralten Lost Place hat sich die Natur große Teile der ehemaligen Maschinerien und Gebäude zurückerobert.

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Balenbouche wurde um 1740 herum als eine Plantage aufgebaut, die Zucker und Rum produzierte. Sklaven aus Afrika wurden auf die Plantage gebracht und dort zur Arbeit auf den ausgedehnten Zuckerrohrfeldern und in der Destillerie gezwungen. Die Steinkessel, in denen der Zuckersaft zur Herstellung von Melasse gekocht und von Kessel zu Kessel abgekühlt wurde, sind unter Farnen und Sträuchern noch deutlich zu sehen. Der Prozess der Rumherstellung lief damals nicht wesentlich anders ab als heute zum Beispiel auf Grenada und anderen Karibikinseln.

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1834 wurde die Sklaverei auf St. Lucia abgeschafft und die befreiten Sklaven, die auf der Plantage arbeiteten, gründeten zum Teil kleine Gemeinden in der Nähe des Estates, die auch heute noch mit ausgeprägten afrikanischen Wurzeln existieren.

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Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden Arbeiter aus Indien auf vielen Plantagen St. Lucia’s und anderer ostkaribischer Inseln angeheuert, um die befreiten Sklaven aus Afrika, welche die Plantagen verließen, zu ersetzen.

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An der Wende zum 20. Jahrhundert kehrten viele in ihre Heimat nach Indien zurück, aber manche blieben auf St. Lucia und ließen sich in der Nachbarschaft des Balenbouche Estate nieder, wo ihre Nachkommen heute noch leben.

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Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Betrieb der Zuckerplantage eingestellt, nachdem beinahe 200 Jahre lang auf ihr gearbeitet wurde. Zwischen den beiden Walzen der Zuckerrohrpresse sieht man übrigens einen großen Schraubenschlüssel eingeklemmt, von dem gesagt wird, dass mit ihm tatsächlich die ganze Maschinerie angehalten wurde.

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Tatsächlich geht die Besiedelung des Geländes um das Balenbouche Estate noch in viel weitere Vergangenheit zurück. Petroglyphen – Steinzeichnungen – in der Nähe des vorbeifließenden Balenbouche Rivers belegen, dass schon vor 2000 Jahren die aus Mittelamerika stammenden Arawak hier heimisch waren.

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Etwa um 1000 n. Chr. wurden sie von den Kariben verdrängt. Bei der Ankunft der Europäer ergaben sich die verbliebenen Eingeborenen um etwa 1660 den Franzosen und ihre Kultur ging bis auf wenige Spuren, die man in der Umgebung von Balenbouche finden kann, unter.

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1964 wurde das Anwesen dann von der Lawaetz-Familie erworben, die erst den landwirtschaftlichen Betrieb mit anderen Produkten wiederbelebte und später die Hütten der Arbeiter auf der Farm in Gästehäuser umwandelte, um Farmwirtschaft und Tourismus auf dem Plantagengelände zu kombinieren.

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Das Land des Anwesens reicht bis zur Karibikküste, wo es an zwei schwarzen Lavasandstränden endet.

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Schwarzer Sandstrand des Balenbouche Estate an der Karibikküste

Südlich vom Balenbouche Estate passiert man den letzten Ort, Laborie, vor Vieux Fort.

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Laborie

Von der Südspitze der Insel ging die Fahrt wieder an der Ostküste entlang bis in die Nähe des George FL Charles Airports im Norden von Castries.

Das war St. Lucia. Am nächsten Morgen ging es dann per Flug zur nächsten Insel.

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(Fotos vom Februar 2019)

 

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St. Lucia – Schwefel, Blumen, Wald und Wasserfälle

Naturattraktionen rund um Soufrière

Die Gegend um Soufrière auf St. Lucia hat zahlreiche Naturattraktionen zu bieten, die alle zu besichtigen mehrere Tage in Anspruch nehmen würde. In der Kürze der Zeit musste ich mich daher auf eine kleine Auswahl beschränken.

Was auch immer man besucht, die beiden Pitons sind aus stets wechselnden Perspektiven ständiger Begleiter der Szenerie um Soufrière.

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Petit Piton

Nach nur wenigen Kilometer, nachdem man den Ort verlassen hat, gelangt man zu einer weiteren Hauptattraktion St. Lucia’s, den Sulphur Springs oder Schwefelquellen. Sie werden auf der Insel auch als „Drive-In-Volcano“ beworben, da man nach kostenpflichtigem Einlass in das Gebiet mit dem Auto relativ nahe an die Quellen heranfahren kann, wenn auch die Freiheiten ziemlich eingeschränkt sind und die meisten Aussichtspunkte doch nur zu Fuß und im Rahmen einer Führung erreicht werden können.

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Sulphur Springs

Die Sulphur Springs sind ein anschauliches Zeugnis des vulkanischen Ursprungs St. Lucia’s wie auch der meisten anderen Inseln über dem Winde, und sie stellen das geothermisch aktivste Gebiet der Kleinen Antillen dar. Sie liegen, wie auch Soufrière selbst, innerhalb der Qualibou-Caldera, die nach dem Einsturz eines vor etwa 40000 Jahren entstandenen Lavadoms entstanden ist. Der letzte Ausbruch von Lava hat 1780 stattgefunden, aber das Gebiet ist bis heute mit brodelnden Quellen und Fumarolen, aus denen heiße Dämpfe austreten, sehr aktiv.

Vor einigen Jahren konnte man noch deutlich näher an die dampfenden Löcher im Boden herantreten, aber nachdem ein Wissenschafter auf dem instabilen Untergrund eingebrochen und tödlich verunglückt war, sind die Absperrungen auf einen respektvolleren Radius erweitert worden.

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Der hohe Schwefelgehalt der Dämpfe hat Soufrière – Schwefelgrube – auch den Namen gegeben. Das Gelände war im 19. Jahrhundert wirtschaftlich von Bedeutung, als dort Schwefel abgebaut wurde. Heute wird das Wasser der Quellen vor allem für therapeutische Zwecke zur Behandlung verschiedener Krankheiten genutzt.

Über die Nutzung der geothermischen Energie als Energiequelle für St. Lucia hat man auch nachgedacht, aber alle Pläne sind bisher im Sande verlaufen, vor allem weil man keine überzeugende Lösung gegen das Rosten der notwendigen Rohrleitungen gefunden hat.

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Am Ortsrand von Soufrière befinden sich die Diamond Botanical Gardens, in denen man viele Blumen und Pflanzen der Karibik, nicht nur einheimische Pflanzen St. Lucia’s, in einem üppig grünen weitläufigen Garten bewundern kann.

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Diamond Botanical Gardens

Der Garten wird aktiv gepflegt und ständig um neue Anpflanzungen erweitert. Mit etwas Glück sieht man auch Kolibris auf der Suche nach Blütennektar. Die rasend schnellen Vögel mit der Kamera einzufangen, ist allerdings deutlich schwieriger als eine Fotoserie der vielen farbenprächtigen Blumen im Garten zusammenzustellen.

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Durch den Garten fließt der Diamond River, dessen graues bis fast schwarzes Wasser von seiner Herkunft aus dem vulkanischen Gebiet der Sulphur Springs zeugt. Er hat auch die ehemaligen Heilbäder versorgt, die der französische König Ludwig XVI. für seine Soldaten hier bauen ließ. Nur noch Überreste sind von ihnen erhalten, aber man hat inzwischen neue ähnliche Mineralbäder in dem Garten angelegt, die auch gegen Gebühr genutzt werden können.

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Diamond River, von der Asche der benachbarten Sulphur Springs dunkelgrau gefärbt

Am Ende des Gartens stößt man auf die Diamond Falls, in denen sich der Diamond River über bunte Ablagerungen verschiedener Minerale in den Garten ergießt.

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Diamond Falls

Von den Wasserfällen aus führt der Weg zurück zum Eingang des Gartens, aber es gibt mehrere Wege, so dass man auf dem Rückweg in den Genuss anderer Blumen, Sträucher und Bäume kommt.

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Die Diamond Falls sind nur einer von mehreren Wasserfällen, die sich in der Nähe von Soufrière befinden. Unterhalb der Nordseite des Petit Piton sind zum Beispiel die Piton Waterfalls, zu denen man in eine kleine Schlucht hinabsteigt. Am Grund der Schlucht wurden ein paar Becken gebaut, in denen sich das aus dem geothermischen Gebiet stammende warme und sehr mineralreiche Wasser für ein Bad im Schatten der Bäume sammelt.

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Piton Waterfalls und Petit Piton

Die Gegend um Soufrière mit ihren ausgedehnten Regenwäldern ist auch die beste Wanderregion St. Lucia’s.

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Tet Paul Nature Trail

Einer der einfachsten Wege führt in knapp einer Stunde über den Tet Paul Nature Trail, der in der Lücke zwischen dem Gros Piton und dem Petit Piton verläuft.

Der Pfad wurde den Einheimischen eines benachbarten Dorfes in Eigeninitiative angelegt und wird auch von ihnen gepflegt. Wanderführer, die man hier buchen kann, kommen ebenfalls von dort und alle Einnahmen fließen in das Dorf zurück.

Der Weg führt in leichtem Auf und Ab zu verschiedenen Aussichtspunkten, die weite Blicke über die südliche Hälfte St. Lucia’s, auf die Pitons und über die nahe  karibische und die fernere atlantische Küste erlauben. Unter anderem ist vom Wanderpfad auch St. Lucia’s höchster Berg, der 950 Meter hohe Mount Gimie zu sehen, der wie die meisten Erhebungen der Insel vulkanischen Ursprungs ist.

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Mount Gimie, mit 950 Metern St. Lucia’s höchster Berg

Auf dem Tet Paul Nature Trail ist man den beiden Pitons besonders nah. Südlich liegt der dicht bewaldete etwas höhere Gros Piton, der in einer geführten Wanderung relativ leicht bestiegen werden kann. Er ist mit 798 Metern Höhe der zweithöchste Berg St. Lucia’s.

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Gros Piton (798 m)

Der 743 Meter hohe, schroffere und felsigere Petit Piton liegt nördlich des Wanderweges. Zwischen den beiden Vulkankegeln befindet sich an der Karibikküste der Sugar Beach, einer der schönsten und exklusivsten Strände St. Lucia’s.

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Petit Piton (743 m) und Sugar Beach links unten.

Wanderungen im Regenwald St. Lucia’s sind grundsätzlich nur mit autorisiertem Führer erlaubt. Der Tet Paul Nature Trail bildet eine Ausnahme; jedenfalls gestatten die Wanderführer vor Ort in der Regel, die kurze Wanderung allein zu unternehmen, da sie recht harmlos ist und die Wege nicht zu übersehen und gut ausgeschildert sind.

Normalerweise soll der Regenwald aber vor unkontrollierten Wanderern und die Wanderer vor einer nicht ganz ungefährlichen Schlangenart St. Lucia’s geschützt werden. Diese bis zu 2 Meter große Lanzenotternart ist leicht erregbar, angriffslustig, schnell und extrem giftig, und das Gift gehört zu den komplexesten Mischungen im Tierreich und kann ganz unterschiedliche Wirkungen verursachen. Einheimische erzählen manchmal mit etwas makabrem Genuss von den Schrecken dieser Schlangenart. Aber vielleicht dient auch das wieder dem Schutz des heimischen Regenwalds, hat man doch nach diesen Geschichten etwas den Mut verloren, sich als Wanderer auf eigene Faust auf den Weg zu machen.

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(Fotos vom Februar 2019)

 

St. Lucia – Soufrière und die Pitons

Zu den beiden Wahrzeichen St. Lucia’s

Die Westküste St. Lucia’s von der Marigot Bay in südlicher Richtung gehört sicherlich zu den schönsten Abschnitten der Insel. Die Landschaft wird immer grüner und bergiger und alle paar hundert Meter eröffnen sich neue Ausblicke über die karibische Seite der Küste. Die Hauptstraße schlängelt sich durch die Hügel, mal ganz nahe an der Küste, mal weiter weg, und passiert einige der kleinen Orte, die sich mit größeren Lücken an der Westküste aneinanderreihen.

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Brücke über den Grande Rivière de l’Anse La Raye

Einer der ersten Orte, durch den man auf der Strecke fährt, ist Anse-la-Raye, ein Fischerort, der nicht viel mehr als 1400 Einwohner zählt. Er liegt direkt an einer Bucht mit einem langen Strand, der sowohl im Norden als auch im Süden von der Mündung zweier Flüsse begrenzt wird. Der südliche ist der größere, was relativ ist; auch er kommt nur auf ein paar Kilometer Länge, macht dies aber durch einen geradezu epischen Namen wett: „Grande Rivière de l’Anse La Raye“.

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Grande Rivière de l’Anse La Raye

Im Dorf stehen noch viele über 100 Jahre alte Häuser aus der englischen und französischen Kolonialzeit.

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Anse-la-Raye

Die Straße schraubt sich in vielen Kehren in die Höhe und ein Stück von der Küste weg, wo sich weite Blicke über den Regenwald im Landesinneren öffnen.

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Die „grüne Hölle“ St. Lucia’s

Schließlich kehrt sie in weiteren Windungen zum nächsten Ort an der Küste zurück. Canaries war in den 60-er Jahren nur mit dem Boot erreichbar, bevor die Westküstenstraße gebaut und das Dorf mit etwa 1300 Einwohnern an St. Lucia’s Straßennetz angeschlossen wurde. Die ursprünglichen Siedler kamen von Martinique hierher und lebten lange Zeit von einer großen Zuckerplantage, die sich in der Nähe des Ortes befand.

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Canaries

Hinter Canaries entfernt sich die Straße wieder von der Küste und dringt noch tiefer in den Regenwald ein, bevor der Wald oberhalb von Soufrière den Blick auf den Ort und die beiden Wahrzeichen St. Lucia’s, die Pitons, freigibt.

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Soufrière mit dem Petit Piton und dahinter dem Gros Piton

Soufrière wurde von französischen Siedlern gegründet und war ursprünglich die Hauptstadt St. Lucia’s, bevor dieser Status nach einem schweren Hurrikan und in den Wirren der Französischen Revolution an Castries überging. Mit fast 8000 Einwohnern ist Soufrière einer der größeren Orte der Insel. Er liegt in der Qualibou-Caldera, dem Einsturzkrater eines schlafenden Vulkans, der sich vor etwa 35000 Jahren geformt hat. Die Region um Soufrière ist mit heißen Quellen und Schwefelfumarolen geothermisch aktiv, und noch im Jahre 2000 gab es in der Umgebung ein Erdbeben. Frühere Erdbeben, Hurrikans und Brände haben die Stadt mehrfach zerstört und dazu geführt, dass sie mehr als einmal komplett wiederaufgebaut werden musste.

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Berglandschaft hinter den Pitons

Die Pitons – sowohl der etwas höhere Gros Piton (798 m) als auch der niedrigere Petit Piton (743 m) – sind ein UNESCO Weltnaturerbe. Sie sind vulkanische „Pfropfen“, die vor etwa 250000 Jahren von aufsteigender Lava in die Höhe gepresst wurden. Bevor es zu einem Vulkanausbruch kam, ist die Lava erkaltet und ließ die beiden Lavadome zurück.

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Abend über den Wäldern St. Lucia’s

Auch das hügelige Hinterland der Pitons, das am Rand oder innerhalb der Qualibou-Caldera liegt, ist durch diesen Prozess entstanden.

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Die Pitons im Abendlicht …

Beide Pitons und der Bergkamm zwischen ihnen beherbergen eine reichhaltige Fauna und Flora mit einigen endemischen Arten, insbesondere Vogelarten, die nur dort, teilweise sogar ausschließlich auf dem Gros Piton vorkommen.

Beide Spitzen können bestiegen werden, wobei der Gros Piton als relativ einfach gilt und außer guter Kondition und viel Wasser im tropischen Klima kein bergsteigerisches Können erfordert. Die Routen auf den Petit Piton sind schwieriger und beinhalten ein paar Kletterpassagen.

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… und im Morgenlicht

Die Umgebung von Soufrière ist bergig und hat nur recht wenige Strände, dafür aber umso exklusivere.

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Besuch zum Frühstück

Einer von ihnen, der Anse Chastanet, ist nur mit dem Boot – oder zu Fuß – zu erreichen. Er liegt versteckt hinter einem in die karibische See hineinragenden Felsvorsprung am westlichen Ende der Soufrière Bay.

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Soufrière Bay

Üblicherweise nimmt man sich ein kleines Boot – ein „Wassertaxi“ – das von Soufrière am Ufer der Bucht ablegt, und dann meistens mit einem Höllentempo über die Bucht brettert. Ich weiß nicht, wo der Begriff „brettern“ eigentlich herkommt, aber diese Tour hat mich am eigenen Rücken spüren lassen, das Wasser hart wie ein Brett sein und der Seegang einem kleinen Boot Schläge versetzen kann, dass man permanent das Gefühl hat, es werde jeden Moment in Stücke zertrümmert.

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Ufer an der Soufrière Bay und Petit Piton

Wenigstens bieten sich die Kalkfelsen am Nordufer der Bucht für einen Stopp oder eine langsamere Fahrt an, da es manchmal interessante Einblicke in Felsspalten und Höhlen in der Felswand gibt.

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Blick vom Boot über die Soufrière Bay nach Soufrière

Am Anse Chastanet ist dunkler Vulkansand und heller Sand geschichtet. Der Strand wird primär von zwei Hotels in der Nähe genutzt, obwohl sie, wie es bei allen Karibikstränden der Fall ist, kein exklusives Recht auf den Strand beanspruchen können. Er darf von allen genutzt werden; faktisch halten sich aber durch die Komplikation, den Strand überhaupt zu erreichen, fast nur Gäste der beiden Luxushotels dort auf.

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Anse Chastanet

Natürlich gibt es auch eine Strandbar, aber das Preisniveau dort ist auch auf jene Luxushotelgäste zugeschnitten und hat mich bewogen, nach dem kurzen Zwischenstopp am Strand recht schnell wieder die Rückfahrt anzutreten.

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Strandbar am Anse Chastanet

Das beste an der Bootsfahrt zum Anse Chastanet ist eigentlich nicht dieser Strand, sondern die Sicht, die sich vom Boot über die Soufrière Bay auf die Küste von Soufrière und das grüne Hinterland bietet.

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Blick über die Soufrière Bay auf Soufrière

Und auf die Pitons!

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Die Pitons vom Boot auf der Soufrière Bay, links der Petit Piton, rechts der Gros Piton

Aber sie geben von jeder Position aus und zu jeder Tageszeit ein gutes Bild ab – ob vor Sonnenuntergang …

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Die Pitons kurz vor Sonnenuntergang …

… oder nach Einbruch der Dunkelheit …,

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… und kurz nach Sonnenuntergang

… nur nicht mehr bei völlig schwarzer Nacht, wenn nur noch, ungestört vom Streulicht nahegelegener Orte, der grandiose Sternenhimmel über St. Lucia zu sehen ist.

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Sternenhimmel über St. Lucia

(Ich musste die Gelegenheit einmal nutzen, mit langen Belichtungszeiten zu experimentieren – das große Bild hatte 1 bis 2 Stunden Belichtung – aber die Bilder vermitteln nicht den Eindruck, den man mit bloßem Auge hat – oder mit besserer Kameraausrüstung und mehr Erfahrung in Astrofotografie hätte.)

(Fotos vom Februar 2019)

 

St. Lucia – Marigot Bay und Pigeon Island

Buchten und Hügel, Piraten und Admiräle

An der karibischen Westküste St. Lucia’s liegt die Marigot Bay, eine der bekanntesten Buchten der Insel, die von Hügeln mit üppigen tropischen Wäldern umgeben ist. Manche bezeichnen sie als die schönste Bucht der Karibik.

Obwohl sie mit Hotels, Restaurant und Bars touristisch gut ausgebaut ist, führt nur eine schmale, mit Schlaglöchern übersäte Straße von der Küstenhauptstraße zum inselseitigen Ende der Bucht.

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Marigot Bay

Nur die südlichen Hügel sind überhaupt – über noch schlechtere Straßen – direkt zugänglich. Die Nordseite kann man nur mit einem Boot vom anderen Ufer aus erreichen.

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Das nur mit einem Boot zugängliche Nordufer der Marigot Bay

Die Marigot Bay beherbergt einen kleinen Yachthafen, der durch seine Lage tief im Inneren der engen Bucht besonders guten Schutz vor den gefürchteten Karibik-Hurrikans bietet. Historisch habe hier auch Engländer und Franzosen, die sich um die Insel stritten, Verstecken gespielt und ihre Boote mit den dichten Palmblättern an den Ufern getarnt.

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Marigot Bay

1967 wurde in der Marigot Bay der Musical-Film Doktor Dolittle gedreht, wovon heute noch Dolittle’s Restaurant und The Pink Snail Champagne Bar zeugen. Einheimische – wenn sie nicht gerade von Geschäften in einem dieser Etablissements leben – bezeichnen ihn einmütig als einen selten blöden Film.

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Marigot Bay nach einem Regenschauer am Morgen

Von der Marigot Bay aus erreicht man nach ein paar Kilometern in nördlicher Richtung St. Lucia’s Hauptstadt Castries, die ebenfalls an der Westküste liegt. Im Gegensatz zu Grenada’s Hauptstadt St. George’s ist Castries nicht besonders schön. Alle Fotos von höherer Position über die Stadt sind zu einem signifikanten Teil durch ein dichtes Gestrüpp aus Stromkabeln verdeckt, obwohl der Blick auf den großzügigen Hafen, der zwei Anleger für große Kreuzfahrtschiffe bietet, eigentlich sehenswert ist.

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Im Kreuzfahrtschiffhafen von St. Lucia’s Hauptstadt Castries

Ähnlich wie Grenada wird auch St. Lucia von hier aus täglich von Kreuzfahrern überschwemmt, die sich morgens mit Tagesausflügen über die ganze Insel verteilen, abends zurückkehren und meist am gleichen Abend die Insel wieder verlassen.

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Schwimmendes Hotel

Zermürbt von einem die Stadt aus allen Richtungen durchschneidenden Autoverkehr und einem anstrengenden Maß an Bettlern war ich froh, die Stadt wieder zu verlassen. Weiter in nördlicher Richtung ging es vorbei an St. Lucia’s zweitem Flughafen und der Rodney Bay und Gros Islet, dem touristischen Zentrum St. Lucia’s, nach Pigeon Island.

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Pigeon Island vom Reduit Beach aus gesehen. Im Vordergrund der „Splash Island Water Park“.

Die Straße führt – links hinter einem kleinen Umspannwerk, wo das Schild zu einer der Hauptattraktionen St. Lucia’s vor Monaten umgefahren wurde und niemand bisher Lust hatte, ein neues aufzustellen – über einen kleinen befestigten Damm zu dieser als Nationalpark ausgewiesenen ehemaligen Insel.

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Pigeon Island Beach

Vor dem Eingang zum Park bietet ein Strand und Bootsanleger einen schönen Blick über die ausgedehnte Rodney Bay.

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Rodney Bay von Pigeon Island aus gesehen
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Am Eingang des Pigeon Island National Park. Signal Peak im Hintergrund.

Pigeon Island war ehemals der Unterschlupf des berüchtigten französischen Piraten François le Clerc, der als der erste Pirat mit klassischem Holzbein belegt ist.

Er griff von seinem Stützpunkt auf der Insel mit seiner kleinen Flotte aus acht Schiffen bevorzugt vorbeisegelnde spanische Handelsschiffe an, überfiel aber auch Städte anderer Karibikinseln und machte sich über den Handelsverkehr mit den kanarischen Inseln her.

Le Clerc hatte eine Übereinkunft mit den auf der Insel lebenden einheimischen Kariben ausgehandelt, so dass diese ihn gewähren ließen und seine Schiffe nicht angriffen.

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Im Pigeon Island National Park

Im 18. Jahrhundert änderte sich dann die Lage und Pigeon Island wurde vom britischen Admiral George Rodney erobert, der die Kariben von der Insel vertrieb. Er baute die ganze Insel zu einem Festungsgelände aus und ließ in dem Zuge alle Bäume auf der Insel fällen, um überall freie Sicht und Schussbahn zur Verteidigung zu haben.

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Im Pigeon Island National Park
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In den Kasernenruinen. Martinique am Horizont.

Die offenen Wiesen mit relativ wenigen Bäumen sind noch heute ein auffälliges Merkmal, wenn man das Nationalparkgelände von Pigeon Island betritt.

Für Rodney diente die Insel als Beobachtungsposten für die Bewegungen der französischen Marine.

Vor allem vom höheren der beiden Hügel aus, dem Signal Peak, hatte er freie Sicht bis zur etwa 40 Kilometer entfernten Nachbarinsel Martinique, die sich fest in französischer Hand befand und auch heute noch ein französisches Übersee-Département ist.

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Ruinen der ehemaligen britischen Kasernen von Admiral Rodney

Im Nationalpark findet man mehrere Ruinen des früheren britischen Militärgeländes, unter anderem eine Kaserne und ein Offizierskasino.

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Reste des Offizierskasinos

Richtung Norden kann man auch, ohne den Signal Peak zu erklimmen, gut das benachbarte Martinique am Horizont erkennen.

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Südküste von Martinique am Horizont in ca. 40 Kilometer Entfernung Richtung Norden

Auf dem zweiten etwas niedrigeren Hügel von Pigeon Island, der sich ganz auf der westlichen Spitze des Insel befindet, sind die nach ihm benannten Ruinen des ehemaligen Forts von Admiral Rodney.

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Fort Rodney

Admiral Rodney begann 1782 von Pigeon Island aus seinen Angriff gegen die französischen Flotte, die er in der Schlacht von Les Saintes nördlich der Kleinen Antilleninsel Dominica besiegte. Mit dieser Schlacht wurde die Vormachtstellung der britischen Seeflotte im karibischen Raum gefestigt.

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Fort Rodney mit der Rodney Bay im Hintergrund

Während des zweiten Weltkriegs wurden die Hügel auf Pigeon Island von der amerikanischen Marine als Funk- und Kommunikationsstandorte genutzt, um die Verteidigung gegen deutsche U-Boote zu koordinieren, die durch patrouillierende Flugzeuge vor den Antilleninseln aufgespürt wurden.

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Blick von Fort Rodney zum Signal Peak und nach Martinique am Horizont

Von den Hügeln hat man einen guten Blick auf den künstlichen Damm, der 1971 aufgeschüttet wurde, um Pigeon Island mit St. Lucia zu verbinden.

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Signal Peak, Damm nach St. Lucia und Rodney Bay

Auch St. Lucia’s Westküste und die grünen Berge im Hinterland sind von Pigeon Island aus gut zu sehen.

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Blick über die Westküste St. Lucia’s und das Inselinnere

Der Rückweg führte vorbei am Reduit Beach, einem der populärsten Strände St. Lucia’s, der außerdem einen schönen Sonnenuntergang über der Rodney Bay zu bieten hat.

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Abend am Reduit Beach, Rodney Bay

(Fotos vom Februar 2019)

 

St. Lucia – Vieux Fort und Ostküste

Die atlantische Seite der Insel

Wenn man auf dem internationalen Flughafen Hewanorra ganz im Süden St. Lucia’s landet und nach dem Aussteigen einen ersten Blick über die Insel wirft, bekommt man einen ziemlich falschen Eindruck von ihrer landschaftlichen Gestalt. Der Süden ist, untypisch für den größten Teil der Insel, relativ flach und trocken.

Es sei denn, man landet, wie ich von Grenada kommend, abends nach Einbruch der Dunkelheit, in welchem Fall man erst mal gar keinen Eindruck von der Insel bekommt. Stattdessen wurde mein erster Eindruck von der für alle Inseln vor dem Winde notorisch strengen Immigrations- und Zollkontrolle bestimmt, die mein schöner aus Palmblättern geflochtener und am Grand Anse Beach auf Grenada gekaufter Sonnenhut nicht überlebt hat.

„Der ist ja noch ganz frisch!“, meinte der Zollbeamte beim Blick auf die grünen Palmblätter. Das ginge gar nicht und er müsse unter Quarantäne gestellt werden als ob ich einen todbringenden Virus einschleppen würde. Ich könne ihn beim Weiterflug wieder abholen, was aber keinen Sinn machte, da ich St. Lucia vom ca. 50 Kilometer entfernten nördlichen Flughafen wieder verlassen würde. Was denn das Problem wäre, er könne mir doch nicht erzählen, dass auf Grenada grundlegend andere Palmen wachsen würden als hier, erwiderte ich beim Versuch, meinen Hut vor einem trostlosen Quarantänelager zu retten. Eben das wäre das Problem, meinte er. Es ginge nicht um die Palmblätter, sondern um mögliche kleine Insekten oder Insekteneier auf den Pflanzen, Insekten, die es möglicherweise auf St. Lucia noch nicht gäbe, die sich hier aber pudelwohl verbreiten könnten, weil sie hier eben die gleichen Palmen vorfinden würden wie auf ihrer Heimatinsel Grenada.

Der Hut war weg, da war nichts zu machen. Brauchen würde ich ihn an dem Abend zumindest nicht mehr. Am nächsten Morgen sah das von der Zwischenunterkunft in der Nähe des Flughafens schon anders aus.

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Blick über den flachen Süden St. Lucia’s. Rechts die Erhebung ist die Halbinsel Vieux Fort am äußersten Südkap.

Bevor ich mich in nördliche Richtung entlang der Ostküste aufmachte, stattete ich noch der Halbinsel Vieux Fort am äußersten Südende St. Lucia’s einen Besuch ab. Von dort hat man einen schönen Blick über die südlichen Abschnitte sowohl der atlantischen Ostküste als auch der karibischen Westküste.

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St. Lucia’s atlantische Ostküste. Links auf halber Höhe die Landebahn des Hewanorra Airport. Rechts die kleinen Inseln sind Maria Island.

Vieux Fort ist ein etwa 200 Meter hoher Hügel, so dass man bei gutem Wetter auch weit ins grüne und gebirgigere Inselinnere blicken kann.

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Ostküste und Blick ins Inselinnere. Links sind die Spitzen der beiden Pitons zu erkennen.

Der gleichnamige Ort Vieux Fort beherbergt auch einen Frachthafen, der große wirtschaftliche Bedeutung für St. Lucia hat. Vor hier wird ein guter Teil des wichtigsten Handelsguts der Insel, Bananen, verschifft.

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St. Lucia’s karibische Westküste mit dem Gros Piton rechts im Hintergrund. Im Vordergrund der Frachthafen in der Vieux Fort Bay.

In Richtung Süden kann man bei guter Sicht die gut 40 Kilometer entfernte Hauptinsel von St. Vincent erkennen.

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Blick von der Südspitze St. Lucia’s in Richtung Süden. Am Horizont ist der gebirgige Norden der Nachbarinsel St. Vincent zu sehen.

Die Strände in der Umgebung von Vieux Fort sind aufgrund des teilweise heftigen atlantischen Windes an der Ostküste bei Kitesurfern beliebt. Ein paar Unterkünfte und Resorts befinden sich in der Gegend, aber der Süden St. Lucia’s ist keines der touristischen Zentren der Insel, die alle eher auf der westlichen Karibikseite, insbesondere im Nordwesten liegen.

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Anse Des Sables Beach mit der Halbinsel Vieux Fort im Hintergrund

Das Städtchen Vieux Fort gehört zu den drei größten Orten St. Lucia’s. Neben einigen Industrieanlagen und Brauereien findet sich dort auch ein Einkaufszentrum, in dem sich ein großer Teil des Südens der Insel versorgt.

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Vieux Fort

Wie auf den anderen ostkaribischen Inseln ist die dem offenen Atlantik zugewandte Ostküste St. Lucia’s rau und zerklüftet. Ein paar Orte reihen sich die Küste entlang auf und große Bananenplantagen bestimmen das Bild, wenn man nordwärts auf der gut ausgebauten Küstenstraße fährt.

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Bananenplantagen an der Ostküste St. Lucia’s

Aus der Nähe fällt auf, dass die Bananenstauden in blaue Plastikbeutel gehüllt sind. Der Zweck ist im Wesentlichen, die Früchte, die in der frühen Wachstumsphase sehr empfindlich sind, vor Insekten und Schädlingen zu schützen.

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Schutz der Bananenstauden vor schädlichen Insekten

Auf halbem Weg liegen die Mamiku Botanical Gardens, ein botanischer Garten, der gleichermaßen von Touristen und Einheimischen, die sich dort Anregungen für die Gestaltung ihres eigenen Gartens holen, besucht wird.

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Besucherzentrum und Bar der Mamiku Botanical Gardens an der Ostküste St. Lucia’s

Mit einem kleinen Blumenatlas bewaffnet, den man leihweise an der Bar des Gartens erhält, kann man sein Glück versuchen, der Fülle tropischer Blumen einen Namen zu geben. Ich habe mein Glück nicht versucht und nur eine Reihe Fotos gesammelt.

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Blumen in den Mamiku Botanical Gardens

Es finden sich hier auch ein paar historische Überreste des Gartens, der sich ursprünglich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Besitz des französischen Ehepaars Madame und Baron de Micoud befand, bevor er in einen englischen Militärposten umgewandelt wurde, der schließlich von einer Gruppe befreiter Sklaven St. Lucia’s, den Brigands, die sich in einem kurzen Bürgerkrieg gegen die englische Besatzungsmacht auflehnten, zerstört wurde.

Aus dieser Zeit mag auch einen Sonnenuhr stammen, die sich auf einem kleinen Podest inmitten des Gartens befindet, aber beschwören kann ich ihre Entstehungszeit nicht. Jedenfalls geht sie richtig; es war tatsächlich etwa 14:15 h, als ich das Foto schoss.

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I’ll only count your sunny hours, let others tell of storms and showers

Die Straße an der Ostküste endet in Dennery auf halbem Weg zur Nordspitze St. Lucia’s. Der Nordosten St. Lucia’s ist sehr dicht bewaldet und schwer zugänglich. Keine Straße führt an diesem Küstenabschnitt entlang.

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Dennery mit Dennery Bay und Dennery Island

Stattdessen wendet sich die Hauptstraße nun ins grüne Landesinnere, um die Insel einmal bis zur Westküste zu durchqueren. Im Vergleich zu Grenada ist die Straße in ziemlich gutem Zustand. Trotzdem hat die Regierung St. Lucia’s ein Budget über mehrere Millionen Dollar bereitgestellt, um die Hauptstraße auszubessern. Man wundert sich, gibt es doch viele Nebenstraßen auf St. Lucia, deren Bodenbeschaffenheit fatal ist und die nur mit Geländewagen befahrbar sind. Das gilt auch für Zufahrtstraßen zu vielen Hotels.

Der Grund, warum man sich nicht zunächst um diese Straßen kümmert und die eigentlich schon gute Ostküstenhauptstraße und die Inseltraverse noch besser machen will, liegt in St. Lucia’s wichtigstem Exportgut, den Bananen. Ein großer Teil muss von den Plantagen an der Ostküste nach Vieux Fort oder in die Hauptstadt Castries an der Westküste mit LKWs zur Verschiffung transportiert werden, und jede Bodenwelle und Erschütterung schädigt die empfindlichen Bananen ein wenig mehr und hat negativen Einfluss auf die Qualität der Früchte und damit den erzielten Erlös beim Verkauf. Ein Tourist steckt es eben am Ende besser weg, durchgeschüttelt zu werden, als eine Banane.

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Auf dem Micoud „Highway“ von der Ost- zur Westküste St. Lucia’s

Der Micoud Highway, die Inseltraverse zwischen Ost- und Westküste, folgt auf der zweiten Hälfte immer dem Cul de Sac, dem längsten Fluss St. Lucia’s, der schließlich in der Grande Cul de Sac Bay in die karibische See mündet. Die Strecke ist gebirgig und das Wetter kann sich zwischen Küsten und Gebirge um 180 Grad drehen, und genauso schnell wieder zurück.

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Überbleibsel eines Wetterwechsels auf der Inseltraverse zwischen Ost- und Westküste

Das Ziel meiner Fahrt war die Marigot Bay, die man nach der Durchquerung der Insel über die Westküstenstraße nach wenigen Kilometern in südlicher Richtung durch eine üppig grüne Landschaft erreicht.

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Grünes Hinterland in der Nähe der Marigot Bay

(Fotos vom Februar 2019)

 

Inselhopping Ostkaribik

Eindrücke aus vier Inselstaaten

„Wieso gerade Ostkaribik?“, wurde ich ein paar Mal gefragt. „Eigentlich wollte ich auf die Seychellen, bin aber ins falsche Flugzeug gestiegen“, war dann meistens meine Antwort.

Stimmt natürlich nicht; angesichts heutiger Sicherheitsvorkehrungen an Flughäfen würde es einige kriminelle Raffinesse erfordern, wollte man erfolgreich ins falsche Flugzeug steigen. Genaugenommen stimmt die Antwort nur zur Hälfte. Es gab tatsächlich einen primären Plan, auf die Seychellen zu reisen, aber diverse Hinweise auf schwüles Klima, mehr Regen und Schwemmen von Seegras in der Winterzeit haben mir den Plan leicht madig gemacht, oder ihn zumindest als suboptimal einstufen lassen. Die Sommermonate gelten gemeinhin als angenehmere Reisezeit für die Seychellen, wie ich dann erfahren haben. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Da ich aber bei einigermaßen tropischen Inseln bleiben wollte, musste eine vergleichbare Alternative her. Der Winter ist die ideale Jahreszeit für die Karibik im Ganzen; es ist dann trockener als in den Sommermonaten und die Bedrohung durch Hurrikans, deren atlantische Brutstätten praktisch direkt vor der Tür liegen, und kleinere Stürme ist deutlich geringer. Von den vielen Optionen, die sich in der Karibik auftun, sind die Inseln der Kleinen Antillen am ehesten für ein Inselhopping, wie ich es auch für die Seychellen vorgesehen hatte, geeignet.

Die Details waren dann mehr eine Frage des Zufalls und insbesondere der Planung der An- und Rückreise und geeigneter Verbindungen zwischen den Inseln. Wenn man nicht gerade mit dem eigenen Boot unterwegs ist, sind Flüge hierbei die einzige einigermaßen flexible Option. Überraschenderweise ist es mit Fährverbindungen zwischen den Inseln erstaunlich schlecht bestellt.

Damit die ganze Reise auch hinreichend kompliziert und mühselig wird, fiel die Wahl also auf vier etwa 13.000 Kilometer von den Seychellen entfernte Inseln, die im südöstlichen Teil der Karibik liegen – Grenada, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, und Barbados.

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Karibik

Diese Inseln gehören zu den sogenannten „Windward Islands“ (etwa Martinique bis Grenada), die zusammen mit den weiter nördlich gelegenen „Leeward Islands“ (etwa Anguilla bis Dominica) wiederum Teil der „Inseln über dem Winde“ sind, die sich von den im Wesentlichen aus Aruba, Bonaire und Curaçao bestehenden „Inseln unter dem Winde“ („Leeward Antilles“) abgrenzen, die sich ein gutes Stück weiter westlich über der Nordküste Venezuelas befinden. Nimmt man noch das am südlichsten gelegene Trinidad und Tobago hinzu, so sind die „Kleinen Antillen“ komplett. Den Rest der Karibik machen die „Großen Antillen“ (mit Kuba, Jamaica, Haiti und der Dominikanischen Republik sowie Puerto Rico), die Bahamas und die Turks- und Caicosinseln aus.

Dieses ganze karibische Inselgebilde nennt man absurderweise auch „Westindische Inseln“ („West Indies“), zum einen, weil Christopher Columbus damals auf der Suche nach dem Westweg nach Indien war und glaubte, Inseln vor der Küste Indiens gefunden zu haben, zum anderen, weil sich die Karibik bald nach ihrer Entdeckung zu einem Handelsarchipel für Europa, insbesondere Großbritannien, entwickelte, der sich in entgegengesetzter Richtung zu den schon früher bekannten Ostindischen Inseln (Indonesien, Philippinen, Malaysia, etc.) befand. Er war sozusagen das geographische Inselspiegelbild, das die imperialistische Weltkarte komplettierte. Es gibt heute noch viele traditionelle Institutionen, z.B. karibische Universitäten, die den Begriff „West Indies“ in sich tragen, aber bei den heutigen Einheimischen ist der Zusatz „Caribbean“ entschieden beliebter, verbindet man doch mit „Westindien“ zu viel koloniale Vergangenheit.

Den Namen der einzelnen Teilregionen der Kleinen Antillen kann man schon entnehmen, dass sich hier viel um den Wind, und zwar vor allem den Nordostpassat dreht.

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Globale Windsysteme, der Nordostpassat in gelb

Diesem ständig wehenden Wind sind die östlichen Inseln der Karibik, die „Inseln über dem Winde“, in besonderem Maße ausgesetzt, allen voran der östlichste Vorposten Barbados, an dessen Nordostspitze dieser Wind und seine Wirkung auf die wilde Brandung gegen die Küste unmittelbar greifbar wird. Der Nordostpassat bringt auch viel über dem Atlantik aufgenommene Feuchtigkeit mit, die im Inneren der Inseln oft für viel Regen und tropische Vegetation sorgt. Für die landwirtschaftliche Produktion ist er ein Segen. Die viel weiter westlich gelegenen „Inseln unter dem Winde“ werden weit mehr von den Passatwinden verschont, sind aber daher auch viel trockener.

Der ewige Nordostpassat hat den Küsten aller Inseln der Kleinen Antillen seinen unverwechselbaren Stempel aufgedrückt; sie haben alle eine windige, raue, oft aus felsigen Klippen bestehende Ostküste, gegen die unentwegt die Brandung rollt und die außerhalb schützender Buchten zum Baden und Tauchen ungeeignet und oft zu gefährlich ist, und eine ruhigere, sanfte, mit Sandstränden gesegnete Westküste, die im Windschatten der Insel liegt. Oft nennt man die Ostküste die atlantische Seite und die Westküste die karibische Seite.

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Grenada

Bei den vier Inseln handelt es sich um vier unabhängige Staaten, was die Komplikation mit sich bringt, dass die teilweise nur 30 Minuten dauernden Flüge zwischen ihnen internationale Flüge sind, die jeweils von einem lästigen Prozess der Immigration, Emigration, Zolldeklaration und Zollkontrolle begleitet sind. Glücklicherweise ist die Gestaltung des Immigrationsformulars überall ähnlich, so dass man schnell Übung im Ausfüllen desselben gewinnt.

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St. Lucia

Grenada, St. Lucia und St. Vincent haben auch die gleiche Währung, den Ostkaribischen Dollar, was die Währungstauscherei deutlich reduziert. Nur Barbados hat mit dem Barbados-Dollar eine eigene Währung, akzeptiert aber, wie auch die anderen drei Inseln, praktisch überall US-Dollar. Die Landeswährungen sind mit einem Festkurs an den US-Dollar gebunden, d.h. der Kurs gegenüber dem US-Dollar schwankt nie, aber gegen den Euro schon, eben im gleichen Maße wie der Kurs zwischen US-Dollar und Euro. Bettler sind finanzwirtschaftlich am besten bewandert und akzeptieren jegliche Währung. Als ich einmal 2 ostkaribische Dollar aus dem Portemonnaie hervorkramte, kam sofort bei einem nur flüchtigen Blick in die Börse der begeisterte Ruf „Give me the 2 Euro coin!“ (was mehr als das dreifache ist, wie der Schalk gewiss wusste)

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St. Vincent and the Grenadines

Historisch haben alle vier Länder eine grob vergleichbare Vergangenheit. Die Inseln wurden vermutlich von Columbus – aus europäischer Sicht – zuerst entdeckt, konnten aber nicht wirklich das Interesse der spanischen Krone wecken. Man war mehr auf das Gold des südamerikanischen Kontinents aus. Deshalb sind die spanischen Einflüsse sehr gering und Spanisch ist trotz der Nähe zu Südamerika auf den Kleinen Antillen eine Fremdsprache, die man evtl. in der Schule, autodidaktisch oder gar nicht lernt. Die Inseln gerieten dann schnell in den Strudel anderer europäischer Seemächte, allen voran Großbritannien, Frankreich und die Niederlande. Auf den vier Inseln, die ich besucht habe, waren es hauptsächlich Großbritannien und Frankreich, die sich über Jahrhunderte um den Besitz gestritten und dort Schlachten ausgefochten haben. Beide haben den Inseln mehr oder weniger in Ortsnamen, Sprache und Gebräuchen ihren Stempel aufgedrückt.

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Barbados

Heute sind die Staaten unabhängig, gehören aber alle zum britischen Commonwealth. Man fährt links und die offizielle Landessprache ist überall englisch, das aber im Alltag unter den Einheimischen durch Patois, einer mit dem Kreolischen verwandten Mischung aus afrikanischen Sprachen, englisch und französisch ergänzt wird – mehr französisch geprägt auf St. Lucia, mit eher englischem Schwerpunkt auf den anderen drei Inseln. War die Ökonomie in der Vergangenheit noch von der Landwirtschaft mit Kaffee, Gewürzen, Zucker und Bananen getrieben, so ist sie heute vom Tourismus dominiert. Die Gäste sind der kolonialen Geschichte entsprechend zum ganz überwiegendem Teil englischer oder amerikanischer Herkunft. Als deutscher Tourist ist man ein wenig ein Exot, insbesondere wenn man eine Unterkunft auf den Inseln hat – aber das macht die Leute oft neugieriger als die viel häufigere Begegnung mit dem allgegenwärtigen Gast aus England. Eine Unterkunft zu haben, ist nicht selbstverständlich, da ein großer Teil aller Besucher heutzutage von Kreuzfahrtschiffen aus über die Inseln herfällt, sie morgens heuschreckenartig aufsucht und abends wieder verlässt. Man ist trotzdem deswegen nicht negativ gestimmt, denn diese Tagesbesucher sind ein ernster Wirtschaftsfaktor, von dem so mancher Einheimische lebt, eher als vom Pauschalresorttouristen, dessen Geld in die Taschen großer Hotels und Hotelketten fließt, die sich in ausländischer, meistens amerikanischer, Hand befinden.

Geht man durch die Ortschaften und Dörfer auf den Inseln, so mag man sich leicht inmitten einer afrikanischen Bevölkerung wiederfinden. Das ist nicht nur ein Vergleich, tatsächlich sind die Menschen zu etwa 90% oder mehr ihrer Herkunft vor Generationen nach Afrikaner. Zurückzuführen ist das auf das dunkelste Kapitel der an sich schon dunklen Kolonialgeschichte, den Sklavenhandel, der ein Teil des sogenannten Atlantischen Dreieckshandels war.

AtlantischerDreieckshandel
Quelle: Aus Politik und Zeitgeschichte „Sklaverei“, www.unesco.org „The Slave Route“, Lizenz: Creative Commons by-nc-nd/3.0/de, Bundeszentrale für politische Bildung, 2016, www.bpb.de

Dabei wurden Sklaven von den westafrikanischen Kolonialgebieten in die Karibik und nach Nordamerika verschleppt, dort zur Arbeit auf den Feldern gezwungen, die Früchte ihrer Arbeit wurden ihnen weggenommen und nach Europa verschifft, wo sie verkauft und in andere Waren umgewandelt wurden. Diese Produkte gingen wiederum in die westafrikanischen Kolonien zum Ankauf neuer Sklaven – und der Kreislauf begann von Neuem. (Der von Ost nach West wehende Passat, die nördlicheren von West nach Ost gerichteten Winde und der Golfstrom waren dabei übrigens ideale Unterstützer für diesen Kreislauf der Segelschiffe und machten den Transport schnell und relativ einfach.) Der Brutalität auf den Transportschiffen und den Härten der Feldarbeit sind Zig-Millionen zum Opfer gefallen.

Häufig fallen übrigens auch Menschen anscheinend indischer Herkunft auf den Inseln auf. Deren Vorfahren wurden nach dem Verbot der Sklaverei Mitte des 19. Jahrhunderts als Arbeiter auf den Plantagen angeheuert und haben sich dort für immer niedergelassen.

So befremdend das Gefühl von Nationalstolz für mich ist, kann man vielleicht aufgrund dieser Geschichte verstehen, warum man es mit der Unabhängigkeit, der eigenen selbstbestimmten Nation und ihren rechtlichen Spielregeln in diesen Kleinstaaten so ernst nimmt. Die Immigatrionsbeamtin auf Grenada hat mit finsterster Miene und so spannungsaufbauender Langsamkeit alle Details meines Reisepasses studiert, bevor sie ihn mit all ihrem amtlichen Gewicht mit den notwendigen Einreisestempeln versehen hat, dass ich beinahe schlottrige Knie bekam – ich musste erst einmal prüfen, ob es nicht ein „Immigration Rejected!“-Stempel war -, und dann setzte der Zollbeamte mit einem Kreuzverhör, bei dem ich die ganze Zeit das Gefühl hatte, er wolle mich in Widersprüche verwickeln, noch einen drauf. Alle Achtung! Ein Wort wie „Bananenrepublik“ würde ich hier auf keinen Fall über die Lippen zu bringen wagen!

Ja, Grenada war der Startpunkt der Reise, danach folgte St. Lucia, dann Bequia, eine Insel, die zu St. Vincent und den Grenadinen gehört, und zum Abschluss Barbados.

OstKaribikPlan
Reiseroute zwischen den Inseln

Auf den Inseln hatte ich teilweise mehrere Unterkünfte, acht insgesamt in zweieinhalb Wochen, zwischen denen es größtenteils mit einem Mietwagen hin- und herging, manchmal mit dem Taxi. Die Verbindung zwischen der Hauptinsel von St. Vincent und Bequia ist eine etwa einstündige Fährüberfahrt. Die Flugverbindungslücke auf St. Lucia erklärt sich dadurch, dass die Insel zwei Flughäfen hat und ich sie auf dem südlichen Flughafen betreten und auf dem nördlichen wieder verlassen habe.

Eine Menge Fotos sind entstanden, aber davon dann mehr in den folgenden Blogposts.